Hausfrau, ade!

Eine Hausfrau aus den Abruzzen ging bis vors höchste italienische Gericht, um ihre Überzeugung in einem geradezu revolutionären Urteil bestätigt zu finden. Sie hatte einen Unfall erlitten, konnte danach nicht mehr im Haushalt arbeiten und war der Ansicht, dass der dem Haushalt so entstandene finanzielle Schaden durchaus zu beziffern sei. In dem Urteil vom November 1997 heißt es: „Obwohl die Hausfrau keine finanzielle Vergütung für ihre Arbeit erhält, so ist diese doch von wirtschaftlichem Wert und beschränkt sich nicht auf den Haushalt, sondern schließt die Leitung und Koordination des Familienlebens mit ein.“ Zur Schätzung eines nach wie vor virtuellen Hausfrauengehalts sei daher das Gehalt einer Haushälterin zuzüglich der angebrachten Zuschläge anzunehmen, so das Gericht.

Das Urteil hat dem Kampf der Hausfrauen für die rechtliche Gleichstellung ihres Berufs mit anderen Berufen Rückenwind gebracht: Seitdem sind Mutterschaftsgeld, Pensionsmodell und Hausfrauenversicherung Versuche der Linderung einer hochprozentigen finanziellen Abhängigkeit – meist vom Mann.

Die klassische Hausfrau allerdings nimmt in der italienischen Familie langsam Abschied von der Bildfläche. Woran die Mütter der heute 24- bis 35-jährigen Frauen vorwiegend nur gedacht haben, das wollen die Töchter realisieren: Selbstbestätigung im Beruf finden. In den Fünfzigerjahren waren nur drei Prozent der 19- bis 23-jährigen Frauen an Universitäten eingeschrieben, inzwischen sind es 47 Prozent. Der Anteil der Männer stieg in dieser Zeit von 8,5 auf 37 Prozent; von ihnen verlassen lediglich zwölf Prozent die Uni mit einem Abschluss, der Anteil der Frauen liegt immerhin bei neunzehn Prozent. Zu einer zahlenmäßigen Zunahme der Hausfrauen in Italien (derzeit rund neun Millionen) werden sie kaum beitragen.

Für die Lebensform „Hausfrau und Mutter“ ist der Kurs in den Neunzigerjahren deutlich und für alle Altersklassen gefallen, aber besonders bei den 25- bis 29-Jährigen von 27 auf nur noch fünfzehn Prozent. Ähnlich signifikant ist der Kursanstieg für das Lebensmodell „Partner, Job und keine Kinder“: Der Anteil der über Dreißigjährigen hat sich im vergangenen Jahrzehnt fast verdoppelt.

FRANK HELBERT