Permanente Angstzustände

Neben einem schlechten Spiel wurden beim 1:0 des 1. FC Kaiserslautern gegen Slavia Prag im Uefa-Cup auch noch rechtsradikale Parolen per Handzettel geboten. Lautern steht dennoch im Viertelfinale

aus KaiserslauternGÜNTER ROHRBACHER-LIST

Wer mit der Bahn anstatt mit dem Auto zu den Spielen des 1. FC Kaiserslautern fährt, erlebt dabei so manches, was ihm sonst verwehrt bliebe. Allerdings endet die euphorisch begonnene Fahrt hinterher meist so: Nie wieder! So wie nach dem mühsamen und glücklichen 1:0 der Lauterer gegen die glücklosen Akteure von SK Slavia Prag eben.

Doch manchmal ist beim Fußball der Fußball gar nicht das Entscheidende. Diesmal fing der Ärger schon auf dem Weg vom Hauptbahnhof zum Stadion an, weil Halbwüchsige kleine rotweiße Handzettel unter die heranströmenden Zuschauer brachten. Boten da diverse Unternehmen bereits Busreisen nach Eindhoven an? Mitnichten, sondern die NPD machte wieder einmal mobil vor den Stadien, unterstützt von Hooligangruppen, Glatzen und rechten Kutten. Nun kann man dem Verein keinen Vorwurf machen, wenn auf öffentlichem Gelände, das ihm nicht gehört, solche Zettel verteilt werden. Aber die Geschichte fängt damit ja auch erst an. Denn hoch droben auf dem Betzenberg verteilten auch so genannte Fans ihre Werbematerialien. Wer dabei glaubte, es handle sich um die Mobilisierung der Westkurve für den Aktionstag der Fans Ende März, der hatte sich geirrt. Geworben wurde nicht für die Teilnahme an der Pro-15.30-Uhr-Demonstration auf den Rängen, sondern für „Generation Luzifer“, eine Vereinigung rechter Fans, die in Kaiserslautern „die Ultras nach italienischem Vorbild aufbauen wollen“.

Nun, schwarze Spieler hat der 1. FC Kaiserslautern nach dem Weggang von Jesús Junior und Pascal Ojigwe eh keine mehr in seinen Reihen, und der Brasilianer Ratinho ist auch schon fast auf dem Absprung. Das alles ist rein zufällig so, eine Verbindung zwischen der Vereinspolitik und den zweifelhaften Aktionen irregeleiteter Fans, denen der Verein Einhalt gebieten müsste, besteht nicht. Angesichts solcher Aktivitäten ist Kaiserslauterns Gegner im Viertelfinale am 8. und 15. März, der PSV Eindhoven, ein guter Prüfstein, um zu erkennen, ob rechte Parolen vor und im Stadion Platz haben.

Bis der 1. FCK als Gegner der Holländer feststand, dauerte es ganze 93 Minuten, in denen Slavia Prag mehrmals alle kühnen Träume der Roten Teufel vom Erreichen des Uefa-Cup-Finales hätte ausradieren können. Doch nach den vielen Abgängen der letzten Jahre – wie Radek Bejbl, Karel Poborsky, Wladimir Smicer und Patrik Berger – ist Slavia darauf angewiesen, dass andere, die einst in den Westen gingen, nun wieder zurückkommen, so wie Jan Suchoparek und Pavel Kuka. Der war furchtbar traurig weil er nicht spielen durfte, denn Ralf Rangnick hatte ihn letzten Sommer im Trikot des VfB Stuttgart zehn Minuten im UI-Cup spielen lassen. So war es nichts mit den Ovationen seiner alten Lauterer Fans – und im Angriff von Slavia gab es ohne Kuka zu viele Unentschlossene, Ungeschickte und Unglückliche, die an Lauterns Torhüter Koch scheiterten.

Alles in allem gab es einige Schrecksekunden für den 1.FCK, dessen Spieler vom Gedanken gelähmt schienen, nach einem möglichen Gegentreffer zwei Tore schießen zu müssen, um weiterzukommen. Andreas Brehme wollte denn auch „kein Risiko eingehen und nicht auf Teufel komm raus stürmen“. Seine Spieler müssen dies aber anders gesehen haben, vor allem Youri Djorkaeff und Marian Hristov unterliefen im Mittelfeld haarsträubende Abspielfehler, die zu Chancen für Slavia führten, aus denen die Prager eigentlich ein Tor hätten machen müssen.

Ihr Trainer Karel Jarolim haderte denn auch mit der Ausbeute: „Ein Tor mehr hätte ausgereicht, um weiterzukommen.“ Slavia war auch in der zweiten Halbzeit nahe dran, nur der Pfiff des russischen Schiedsrichters Valentin Ivanov unterbrach die permanenten Angstzustände der pfälzischen Fußballfans angesichts der hohen Bälle, Flanken, Ecken und Freistöße, die Slavia immer wieder in Richtung FCK-Tor schlug.

Doch ausgerechnet nachdem Prags Zelenka in der 58. Minute eine gute Chance ausgelassen hatte, landete der Ball eine Minute später bei Lauterns Vratislav Lokvenc, der ihn mit einem Volleyschuss zum 1:0 ins Netz knallte. Dass ausgerechnet Lokvenc, der zu Beginn der Saison von Sparta Prag, dem Erzrivalen von Slavia, zum 1. FCK gekommen war, dieses entscheidende Tor gelang, war für die Unterlegenen umso bitterer.