Warum zeigt der TAX denn heute -129, es wird doch weiter abonniert?

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Kein Anschluss für Herrn Leo

Besser Waise als Teil einer inzestuösen Medienfamilie: Das taz-Ressort „Flimmern und Rauschen“

von ARNO FRANK

Wenn manche Privatsender ihrem Publikum einen neuen Spielfilm ans Herz legen wollen, so tun sie dies immer häufiger mit dem neckischen Zusatz: „Zum ersten Mal im Free TV“. Damit wir lernen, dass es „Pay TV“ überhaupt gibt. Premiere beispielsweise. Premiere gehört Leo Kirch ebenso wie manch ein Privatsender, der sich hübsche neue Sprachregelungen bastelt. Und wenn Journalisten eifrig genug Nachplappern, wenn plötzlich schick zwischen „Pay-“ und „Free TV“ unterschieden wird, dann ist der Job von Kirchs Marketingabteilung erledigt.

Kirch will nicht zahlen

Leider weigert sich Leo Kirch beharrlich, taz-Redakteure auf seine payroll zu nehmen. Wir haben, hier sei’s gestanden, nicht mal seine Telefonnummer. Und deshalb gibt’s auf „Flimmern und Rauschen“ vielleicht Bezahlfernsehen, mitnichten aber „Pay TV“. Das mag kleinlich klingen, gehört aber zum Nutzwert einer unabhängigen Medienseite: Wo kein Medienkonzern involviert ist, dort kann zwanglos über Medienkonzerne geschrieben werden. Über Verflechtungen und was mit ihnen einhergeht, den Filz. Über inzenstuöse Senderfamilien, die an die „Waltons“ erinnern, und was das für die Zuschauer bedeutet. Wer warum was bei Springer wird, und warum derjenige dann Bilder fälschen lässt. Warum Zeit-Lesern plötzlich das bunte Leben ins Gesicht springt, und warum Ex-Kulturstaatsminister Naumann seine Redakteure nun wieder in die Bleiwüste schicken will. Was man bei Napster alles runterladen kann, bevor man bei Gericht vorgeladen werden kann. Ob es Zeiten galoppierender Fusionitis und geschlossener Verwertungsketten wirklich egal ist, ob ein Konzern Zahnbürsten oder Inhalte herstellt. Was von der bertelsmannschen „Teilmarktführerschaft“ zu halten ist. Solche Sachen. Kurz: Wir bemühen uns nach Kräften, die medienpolitischen und medienwirtschaftlichen Zusammenhänge zu beleuchten, die maßgeblich für die Topografie unserer Fernseh- und Presselandschaft verantwortlich sind. Zwanglos können wir aber eben auch nicht über Medienkonzerne schreiben, sondern Sprachrohr sein für jene, die ansonsten selten zu Wort kommen.

Raab frisst Schmidt

Wir können uns beispielsweise auf ein recht sensationelles Netz an Korrespondenten verlassen, die uns die spanische Version von „Big Brother“, die Ermordung algerischer Journalisten oder die Umtriebe von Silvio Berlusconi näher bringen. Wenn es in Washington, Peking, Madrid oder Johannesburg nennenswert flimmert und rauscht, erfahren es taz-LeserInnen als Erste. Was „Flimmern und Rauschen“ nicht sein kann und will: Eine Medienseite für Medienredakteure, die sich gegenseitig Fachliches ins Stammbuch schreiben.

Wenn’s uns zu gut geht, setzen wir gerne auch ein so genanntes „mediatisiertes Ereignis“ in die Welt: Von den Medien geschaffen, von den Medien diskutiert, in den Medien begraben. Etwa das blutige „Duell des Jahres“ zwischen den Moderatoren Stefan Raab und Harald Schmidt, an dem sich bundesweite Feuilleton-Debatten entzündeten.

Aus dem „Flimmern“ der Bildschirme und dem „Rauschen“ des, na ja, Blätterwaldes die sinnvollen Signale zu erhaschen, das ist unsere vornehmste Aufgabe. Immer wieder gelingt es auf wundersame Weise, Filme kundig zu besprechen, noch bevor sie ausgestrahlt werden. Bisweilen gar am gleichen Tag. „vorlauf“ heißt die feine Rubrik und wird in ihrem Glanze nur noch vom „standbild“ übertroffen, das Versendetes noch einmal Revue passieren lässt und schildert, was man da Schönes oder Schreckliches verpasst hat.

Samstäglich beliefert uns der werte Kollege Harald Keller mit seinen „randspuren“, in denen er es mit dem Programm vom Wochenende aufnimmt – und nur die allerleckersten B- bis C-Movie-Rosinen rauspickt.

Zum kritischen Blick, zum kritischen Gehör gehört aber auch, dass das nachweislich oft irrsinnige Treiben der Medien auch als solches gekennzeichnet wird. Unter der Woche gibt’s dafür den „schnittplatz“, der sich auf Ungereimtes einen Reim zu machen versucht. Kurioses, Hintergründiges oder Empörendes wird jeden Samstag in der Rubrik „eject“ verarztet. Aber auch die Werbung, von der wir täglich umstellt sind, verdient nährere Betrachtung und, gegebenenfalls, satirische Haue. „werbepause“ heißt die zuständige Rubrik und steht montags neben dem „programm“, in dem die wichtigsten Fernsehsender quasi ihre Waren auslegen. Was Sie kaufen, entscheiden Sie. Gilt ja auch für Ihre Zeitung, gell?