siebenmeter
: Kiel siegt wieder, der Ärger aber bleibt

Ein Zebra bockt

Sie spielten, als gäbe es keine Krise. Wie in alten Zeiten trumpfte der THW Kiel am Samstag im Viertelfinalhinspiel der Champions League gegen den jugoslawischen Meister Lovcen Cetinje auf. Gleich mit 35:22 wurde das makedonische Team nach Hause geschickt. Den Einzug ins Halbfinale des wichtigsten Vereinswettbewerbs im Handball dürften die Zebras damit schon erreicht haben. Und vor allem ein Spieler zeigte wieder einmal die Klasse, die man von ihm erwartet: Nenad Perunicic, von Experten gerne zum weltbesten linken Rückraumspieler erklärt, erzielte gleich zehn Treffer.

Dabei hängt besagte Krise – in dieser Saison kassierte der Serienmeister der vergangenen Jahre in der Bundesliga schon acht Niederlagen und hat kaum noch Chancen, den Titel zu verteidigen – eng mit Perunicic zusammen. Mit seinem Trainer Zvonimir Serdarusic redet der Makedonier schon lange nicht mehr, obwohl beide eigentlich die gleiche Sprache sprechen. Das war auch kein Problem, solange der Spieler regelmäßig seine Tore warf. Doch dann verpflichtete Kiel Mike Bezdicek. Der steht in enger Verbindung mit dem Spielervermittler Dirk Wahl und soll, so stellt es zumindest THW-Geschäftsführer Uwe Schwenker dar, versucht haben, Perunicic abzuwerben. „Für uns ist unzweifelhaft“, bestätigt Schwenker, „dass die Initiative von Bezdicek ausgegangen ist.“ Der Außerdem Schwenker beschuldigt haben soll, dass er es war, der anonym Anzeige bei der Polizei gegen Perunicic wegen Fahrens ohne Fahrerlaubnis erstattet habe. Da war für den Manager das Maß voll: Bezdicek wurde fristlos gekündigt.

Pikante Lizenzierung

Der Beschuldigte wehrt sich natürlich gegen die Vorwürfe und hat angekündigt, vor das Arbeitsgericht zu gehen. Dort dürfte er aber kaum Recht bekommen: So wie es im Moment aussieht, hat Bezdicek tatsächlich zusammen mit Wahl versucht, Perunicic zu einem Vereinswechsel zu bewegen. Sie hatten aber nicht damit gerechnet, dass der Spieler sich ob dieses Angebots mit einem befreundeten Kneipier aus Hameln beratschlagen würde, der wiederum vorschlug, der Jugoslawe solle sich an den Spielervermittler Uwe Zimmer wenden. „Ich habe einen Vertrag mit Nenad Perunicic“, bestätigt denn auch Zimmer, „und ich bezweifle, dass jemand anderes auch einen hat.“ Er habe den Spieler auch vermittelt, und zwar an den SC Magdeburg. Und da der Kontrakt mit Kiel im Juni dieses Jahres ende, sei auch keine Ablösesumme fällig.

Zimmer gehört zu den acht Beratern, die bislang vom Deutschen Handballbund (DHB) lizenziert wurden. Doch ein wenig pikant ist diese Lizenzierung allemal, denn Zimmer ist nicht nur Vermittler, sondern gleichzeitig Manager bei Ligakonkurrent SG Hameln. „Das ist nicht üblich“, rechtfertigt sich Zimmer, „aber auch nicht ausgeschlossen. Ich habe das mit dem DHB abgesprochen, und die haben das akzeptiert.“

Notfalls auf die Tribüne

Im Gegensatz zum THW Kiel. Für Uwe Schwenker ist es „ein Unding“, dass ein Vermittler gleichzeitig eine Funktion bei einem Verein innehat. Darum hat der Ligaausschuss beantragt, diese Verknüpfung nicht länger zu erlauben. Ohnehin ist Schwenkers Variante der Vetragsdauer eine andere: „Wir gehen davon aus, dass Perunicic bei uns eine vertragliche Bindung hat.“ Es bestehe nämlich eine Vertragsanzeige gegenüber dem DHB bis Juni 2004. Diese Anzeige ist ein Formblatt, dass vom Verein und vom Spieler unterschrieben beim Verband eingereicht werden muss und in dem beide Parteien bestätigen, dass sie einen Arbeitsvertrag geschlossen haben.

Doch auch dem Geschäftsführer ist klar, dass der 29-Jährige wohl kaum noch Lust haben dürfte, für die Kieler aufzulaufen. Letztlich geht es nur um die Einigung mit Magdeburg auf eine bestimmte Ablösesumme. Darum wundert sich Schwenker auch, dass „von denen noch niemand mit uns geredet hat“. Wenn man keine Einigung erziele, „dann setzen wir den Spieler eben auf die Tribüne“.

Am Samstag aber konnte Schwenker wieder einmal zufrieden sein: „Der Sieg gegen Cetinje ist Rückenwind für uns nach den zuletzt schwachen Spielen“, kommentierte er das Viertelfinalergebnis und war gerade mit Perunicic’ Leistung zufrieden. Der aber hat wahrscheinlich ein ganz anderes Motiv, ausgerechnet in der Champions League Leistung zu bringen: Dieser Pokal ist der einzige Wettbewerb, den er mit dem THW noch nicht gewonnen hat. Da käme ihm der Triumph in der Königsklasse ganz recht, bevor er vielleicht auf den Schalensitzen der Ostseehalle Platz nehmen muss. EBERHARD SPOHD