Futtjes und Höhnermors

Angeliter Schnüsch, Gröner Hein und Schweineblut: Typisch norddeutsche Leckereien erfreuen sich neuer Beliebtheit  ■ Von Uwe Rehbehn

Volkstümliche Hausmannskost aus Norddeutschland wird offensichtlich immer beliebter. Den Trend belegen Inserate in Lokalzeitungen, Internet-Beiträge und alte Kochbücher, die neu aufgelegt werden. Besonders in der kalten Jahreszeit servieren Landgasthäuser wie Gourmetrestaurants in Schleswig-Holstein und Hamburg deftige Hausmannskost nach Originalrezepten aus Großmutters Zeiten.

„Als wir mit unseren bodenständigen Gerichten im Angebot anfingen, kamen überwiegend ältere Gäste, die in alten Erinnerungen schwelgen wollten“, schildert der Wirt vom Landgasthof Güby bei Eckernförde, Frank Jebe. Mittlerweile kämen aber auch viele jüngere Familien.

Während Rübenmus bereits ab Oktober und Grünkohl mit Schweinebacke, Kochwurst und süßen Röstkartoffeln nach dem ersten Frost auf den Speiseplan der Res-taurants gesetzt wird, stehen Januar und Februar vorwiegend im Zeichen von „Dithmarscher Mehlbüdel“, „Holsteiner Swattsuur“ (Schwarzsauer) und „Angeliter Schnüsch“ – das ist „quer durch den Garten“ mit Sahnesoße verrührt – aus der Landschaft Angeln zwischen Schlei und Flensburger Förde. Auch „Gröner Hein“, das sind Birnen, Bohnen und Speck,aus der Hamburger Ecke ist sehr gefragt.

Nicht unbedingt jedermanns Geschmack sind Gerichte wie das „Swattsuur“ oder „Schnüsch“. Denn beim leicht säuerlichen braunroten „Swattsuur“ wird Schweineblut mit Essigwasser angedickt und mit verschiedenen Zutaten sämig gekocht. Dazu werden Griesklöße oder Salzkartoffeln gereicht. Dieses „Schwarzsauer“ gibt es in verschiedenen Variationen, je nach Landstrich, – in Ostholstein zum Beispiel mit süßem Backobstkompott und griffbereitem Zuckertopf. Für Kenner ist „Swattsuur“ ein Festmal, Kritiker lehnen es wegen des Schweineblutes ab.

Der „Dithmarscher Meelbüdel“, jenes puddingartige Gericht aus Mehl, Milch, Schmalz und Eiern, gehört ebenfalls zu den Schlachtessen. Er wird in einem Tuch im Wasserbad gegart. Dazu isst man Schweinbacke oder Bauchfleisch, Salzkartoffeln und zudem entweder Kirschkompott oder Senfsoße.

Neben außergewöhnlichen Zutaten, Kombinationen und Rezepten sind in der norddeutschen Küche abenteuerliche, skurrile Wortschöpfungen zu finden. So werden die typischen kleinen „Berliner aus Schleswig-Holstein“ als „Appelkoken“, „Förtchen“ oder „Futtjes“ bezeichnet. Besonders viele ausgefallene Namen hat ein kleines fettgebackenes goldbraunes Gebäck namens Raderkuchen, das mit Puderzucker und ein wenig Sahne zum Pharisäer besonders gut schmeckt. Ihrem Aussehen entsprechend nennt man sie auf dem plattdeutschen Land „Verdreihte Jungs“, „Ratschedudeln“, „Pienetibben“ oder „Höhnermors“.