Kommunisten in Moldau räumen ab

Bei den Parlamentswahlen kommt die Regierung auf ganze 14 Prozent. Doch der Premier soll im Amt bleiben

BERLIN taz ■ Die Kommunisten in der ehemaligen Sowjetrepublik Moldau haben alle Erwartungen und Prognosen übertroffen. Nach Auszählung von rund 97 Prozent der Stimmen erreichte die Partei bei den vorgezogenen Parlamentswahlen vom vergangenen Sonntag rund 50,2 Prozent. Die Mitte-rechts-Koalition des bisherigen Ministerpräsidenten Dumitru Braghis kam lediglich auf 14,4 Prozent, die nationalistische Christlich-Demokratische Volkspartei auf 8,1 Prozent. Die Wahlbeteiligung lag nach offiziellen Angaben bei 61 Prozent.

Damit erhalten die Kommunisten im Jahre zehn nach der Unabhängigkeit von Moldau erstmals die Möglichkeit, die Regierung in dem 4,3-Millionen-Einwohner-Staat zu stellen. Und mit voraussichtlich 64 von insgesamt 101 Mandaten kann die KP auch noch einen Staatspräsidenten wählen.

Im Wahlkampf hatten die Kommunisten unter anderem versprochen, Russisch neben Rumänisch als zweite Amtssprache festzuschreiben, Gehälter und Renten zu erhöhen und die staatliche Kontrolle über die Wirtschaft auszudehnen. Gestern nun waren sie bemüht, Ängste zu zerstreuen. So kündigte der Chef der Kommunisten, Wladimir Voronin, mit Blick auf potenzielle ausländische Investoren an, Dumitru Braghis „als Hauptfigur des wirtschaftlichen Reformkurses“ erneut zum Premierminister zu ernennen.

„Wir haben nicht die Absicht, eine Einparteienregierung zu ernennen. Was wir für Moldau wollen, ist eine professionelle Regierung von Technokraten und keinen Personenkult, so wie er in den zentralasiatischen Staaten vorherrscht“, sagte KP-Chef Voronin. Über erste konkrete Schritte hüllte sich die künftige Nummer eins der moldauischen Politik zunächst in Schweigen. Dabei dürfte sich Voronin, dessen Wahl zum Staatpräsidenten im Parlament im vergangenen Dezember nur knapp gescheitert war, der großen Erwartungen der Bevölkerung bewusst sein. Mit Monatslöhnen von umgerechnet 80 Mark, Renten von rund 18 Mark und einem landwirtschaftlichen Sektor, der seit der Unabhängigkeit des Landes auf ein Drittel der Produktionskraft von 1991 geschrumpft ist, ist Moldau heute das ärmste Land Europas.

BARBARA OERTEL