Haste mal 'n Konto?

■ Immer öfter verweigern Bremer Banken verschuldeten Kunden ein Basiskonto – mit fatalen Folgen für die gesellschaftliche Integration, sagen die Schuldenberater

Sagt der Buchhalter der Baufirma XY zum neu eingestellten Maurer: „Na, dann geben Sie mir mal Ihre Kontonummer.“ Sagt der Maurer: „Ach, könnt' ich meinen Lohn bitte bar haben, ich hab zurzeit kein Konto.“

Nächste Szene: Der Vermieter will die Kontoverbindung wissen. Der neue Mieter: „Ich würde Ihnen die Miete aber gern bar überweisen.“

Zwei Beispiele für das, was der Förderverein Schuldenberatung die „Girokonto-Gesellschaft“ nennt: Ohne Konto geht fast gar nichts. Wenn einer nicht kreditwürdig ist, macht Misstrauen sich breit.

Dabei geht es nicht bei allen Girokonten um Kredit. Damit die Banken nicht draufzahlen, gibt es das so genannte Basis- oder Guthabenkonto: Überziehungskredite gibt es hier nicht. Bei null Mark ist Schluss. Genutzt werden diese Guthabenkonten unter anderem von Menschen, die Schulden haben, die aber unterhalb der Pfändungsgrenze dennoch ihre Miete, ihren Strom, ihr Zeitungsabo abbuchen lassen wollen.

Rund 25.000 Haushalte, so schätzt Hans-Peter Ehlen, Mitarbeiter des Fördervereins, sind im Land Bremen überschuldet. Für sie sollte gelten, wozu sich die Kreditinstitute in ihren Empfehlungen zum „Konto für jedermann“ selbst verpflichtet haben: „Eintragungen bei der Schufa (der Schutzgemeinschaft für allgemeine Kreditsicherung) sind allein kein Grund, die Führung eines Girokontos zu verweigern“.

Neuerdings aber, so die Mitarbeiter der Schuldenberatungsstellen, kommen die Bremer Banken ihren eigenen – zum Teil, so Ehlen, auch recht schwammigen – Empfehlungen nicht mehr nach. So erfuhr die Straffälligenbetreuung bei einer Umfrage unter ihren Klienten, dass von den 79 Teilnehmern der Umfrage 32 kein Konto eröffnen konnten. „Oft wird ihnen das Konto sogar ohne Angabe von Gründen verweigert“, empört sich Ehlen. Dabei ist die Praxis von Bankfiliale zu Bankfiliale verschieden.

Tatsächlich macht die Führung eines Guthabenkontos mehr Arbeit als ein anderes: Die Kontrolle der Null-Mark-Grenze kostet Zeit, deren Überschreitung sogar das Geld der Bank. Dann zum Beispiel, wenn gleichzeitig die Miete abgebucht wird und der Kunde mit dem Kärtchen Geld zieht. „Aber die meisten unserer Klienten wollen gar kein Kärtchen und in diese Richtung beraten wir sie auch“, so Hans-Peter Ehlen.

Als besonders kontraproduktiv brandmarkt er die Praxis der Banken, die Girokonten zu kündigen, weil gegen den Inhaber ein so genanntes Verbraucherinsolvenzverfahren eingeleitet wurde. 100 solcher privater Konkurse sind im vergangenen Jahr angemeldet worden – die Namen werden in den amtlichen Mitteilungen veröffentlicht. „Den Leuten das Konto dann zu kündigen ist Quatsch. Sie zeigen doch gerade, dass sie mit ihren Schulden und ihrer Situation umgehen wollen.“ In einem Fall der Straffälligenbetreuung begründete die Sparkasse die Kündigung unter anderem damit, dass die Kontoführungsgebühren nicht mehr sicher seien. „Und das, obwohl sich die wirtschaftliche Situation durch den Insolvenzantrag keineswegs verschlechtert hat“, so Anja Stache, Mitarbeiterin der Straffälligenbetreuung. Was der Bank egal ist, aber nicht dem (Ex-)Kunden: Überweisungen mit Bareinzahlung oder Postanweisung kosten jeweils bis zu zehn Mark extra.

Der Förderverein Schuldenberatung will nun versuchen, eine gesetzliche Regelung für solche Fälle anzustoßen, die die Bankinstitute verpflichtet, auch diese Kundschaft mit Konten zu versorgen. Eine Ausweitung der Selbstverpflichtung der Banken hält Hans–Peter Ehlen nämlich für illusorisch.

Elke Heyduck