vorlauf
: Hanni und Nanni auf Schreckenstein

„Das Mädcheninternat – Deine Schreie wird niemand hö- ren ...“ (20.15 Uhr, RTL)

Schon beim Titel hat RTL ordentlich geschummelt. Denn ein Mädcheninternat ist das Nonnenkloster, das auf einer französischen Insel steht, nicht. Vielmehr fungiert es als eine Art Sanatorium für junge Frauen, die so manches Trauma hinter sich haben: Eine wurde überfallen, die andere wurde misshandelt und ist seitdem „an Krücken gefesselt“ (RTL-Pressetext). Eine weitere wurde vergewaltigt und spricht seitdem kein Wort mehr. Und dann ist da natürlich noch Nina, RTL-Zuschauern bekannt aus dem Vorläufer „Schrei! Denn ich werde dich töten“. Dort musste sie mit ansehen, wie ihr Freund und ihre Mitschüler umgebracht wurden. Kein Wunder also, dass sie jetzt erst mal etwas therapeutische Hilfe in Anspruch nehmen will. Und die verspricht die Direktorin des Sanatoriums, Professor Meyrink (Annette Kreft – unvergessen als Friseurin in den früheren Tagen der „Lindenstraße“). Aber, mal unter uns, würden Sie einer Person vertrauen, die etwas von „posttraumatischer Psychosomatik“ und „Heilung durch Konfrontation“ faselt? Eben. Aber so helle sind die Mädels nicht. Der Drehbuchautor Kai Meyer auch nicht. Denn motzt er die Geschichte anfangs mit allerlei historischem Schnickschnack auf – Anfang des Jahrhunderts verschwanden zu Beltaine die damals im Kloster lebenden Nonnen und seitdem erscheint alle zehn Jahre der Geist der Äbtissin –, stecken im weiteren Verlauf des Films menschliche, geradezu allzu menschliche Dramen hinter dem Rachefeldzug von Professor Meyrink. Leider verliert man relativ schnell Überblick und Interesse an dem Treiben auf der Insel. Die jungen Frauen verschwinden, tauchen dann aber irgendwann wieder auf, überraschenderweise mal als Leiche, mal noch ziemlich lebendig. Was sie in der Zwischenzeit gemacht haben, bleibt ihr Geheimnis. Nochmal durch die Drehbücher gehen mussten sie auf alle Fälle nicht, bei dem etwas Text, was sie aufzusagen hatten. Katharina Wackernagel , die die Nina nun schon zum zweiten Mal spielt, muss aufpassen, dass sie nach den Lorbeeren für ihre ARD-Serie „Tanja“ nicht als „Queen of German Scream“ endet. Denn irgendwann wird tatsächlich niemand mehr ihre Schreie hören wollen. THORSTEN PILZ