Waller will nach Walle

■ Die Wissenschaftsdeputation entscheidet morgen über die Hochschulverlegung: Der Rektor der Hochschule für Künste, Jürgen Waller, will in das Baudenkmal Speicher XI umziehen

Am morgigen Freitag steht die Deputation für Wissenschaft vor einer folgenreichen Entscheidung: Unter dem Tagesordnungspunkt „Neuer Standort für die Hochschule für Künste“ werden die Abgeordneten über eine Verlegung des Fachbereiches Bildende Kunst in den Speicher XI unmittelbar hinter dem Holzhafen beraten. Für 27,5 Millionen Mark sollen die Sparten Malerei, Bildhauerei, Grafik und Zeitmedien sowie die Verwaltung in den westlichen Teil Speichers einziehen. Damit wären nicht nur die akuten Raumprobleme der Hochschule gelöst. Der Speicher wäre dann voll belegt.

„Wir bekommen täglich Anfragen“, sagt Karsten Meyer von der Firma Hübotter Wohnungsbau, der das Gebäude einem Senatsbeschluss zufolge übertragen werden soll. Die Stadt hat die Verträge zwar immer noch nicht unterschrieben. Trotzdem plant Meyer weiter. Wie berichtet, hat Hübotter mit der Probesanierung eines Gebäudeteils begonnen und längst genaue Pläne für die Aufteilung des 1910 bis 1912 errichteten und seit acht Jahren denkmalgeschützten Speichers.

Das 396 Meter lange Gebäude soll neben den Musikfachbereichen an der Dechanatstraße zum zweiten Standort der Hochschule für Künste werden. Den Standort Am Wandrahm will Hochschulrektor Jürgen Waller aufgeben. Im östlichen Teil entsteht voraussichtlich das so genannte Kulturforum als Außenstelle des Focke-Museums. Für die restlichen vier Segmente stehen interessierte Firmen Schlange, die Läden, Lager, ein Restaurant und Büros eröffnen wollen. Meyer: „Selbst ohne Hochschule bekommen wir das voll.“ Nicht nur wegen dieser Mischung entsteht unmittelbar vor dem geplanten Großmarkt (siehe Seite 22) im Hafen ein Modellfall.

So soll das Kulturforum ein privat finanziertes Museum werden. Jörn Christiansen, der Direktor des Focke-Museums, hat zwar eine Zusage von Wirtschaftssenator Josef Hattig (CDU) über die Investitionskosten. Doch diese 5,7 Millionen Mark bekommt er nur, wenn er den laufenden Betrieb von jährlich etwa 480.000 Mark durch Sponsoren finanziert. „Wir sind auf einem guten Weg“, sagt Christiansen, ohne genaue Zahlen nennen zu wollen. Die Themen Hafen, Kommunikation und Verkehr will er im Speicher präsentieren, wenn er das Geld auftreiben kann.

Geldsorgen hat Hochschulrektor Jürgen Waller nicht. „Ich habe meine Ochsentour hinter mir“, sagt er nach ungezählten Gesprächen mit PolitikerInnen. Da hat er von Wachstum erzählt: 100 neue Musikpädagogik-StudentInnen kommen an die Hochschule an der Dechanatstraße, und für den neuen Studiengang Digitale Medien werden sich 300 weitere junge Menschen einschreiben. Deshalb ist Geld da für einen Neu- oder Umbau. „Ich hätte die Musik gerne mitgenommen in den Hafen“, meint Waller. Doch dann hätte er Bundesmittel für das erst vor zehn Jahren zur Hochschule umgebaute Alte Gymnasium zurückzahlen müssen. Noch problematischer ist die Alternative: drei Standorte.

Formal entscheidet die Deputation morgen über die Vergabe einer Machbarkeitsstudie. Doch für Waller ist ein positives Votum gleichbedeutend mit der Entscheidung über die neue Heimat Speicher XI in Walle. Nach der Deputationsvorlage ist mit einer Fertigstellung Ende 2002 zu rechnen. „Wenn uns die Verträge unterschrieben werden und wir im April anfangen können“, schränkt Karsten Meyer ein.

ck