Filmstarts à la carte
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■ Bewusstseinserweiterung Hier kehrt er wieder: der gute alte Privatdetektiv Philip Marlowe‘scher Prägung, ein letzter unbestechlicher Moralist inmitten eines Sumpfes von Verbrechen, Sex, Dekadenz und Nihilismus. Vieles erinnert in „The Big Lebowski“ sofort an „The Big Sleep“: der Auftraggeber im Rollstuhl, die beiden Frauen, mit denen es unser Held zu tun bekommt - ein Flittchen die eine, seriöser, aber auch nicht ganz ohne die andere -, ein dubioser Pornoproduzent, sowie eine ganze Reihe von Gangstern und Polizisten, die dem Helden in dieser ziemlich komplizierten Entführungsstory das Leben schwer machen. Eines allerdings ist anders: Jeff „The Dude“ Lebowski ist gar kein wirklicher Detektiv, er schlittert - ohne viel dazu zu tun - eher in die obskure Geschichte hinein. Genau genommen hat der meist voll gedröhnte Späthippie sogar große Probleme, überhaupt irgendwas zu tun, außer White-Russian-Cocktails trinken und Bowlen natürlich. Trotzdem erscheint der Dude (“Ich bin Pazifist“) in Joel Coens mit abgründigem Humor erzählten Film als letzter Aufrechter in einem Los Angeles zur Zeit des Golfkrieges, das vor allem mit cholerischen Vietnamkriegsveteranen (Dudes bester Freund), bowlenden Päderasten und deutschen Nihilisten bevölkert zu sein scheint. Weil ihn das alles jedoch kaum interessiert, zieht sich der Dude immer wieder gut aus der Affäre und lässt sich auch von der zunehmenden Demontage seines Autos nicht wirklich aus der Bahn werfen. Verstörend ist da schon eher dieser drogeninduzierte Traum, der den Dude gemeinsam mit Saddam Hussein in ein Busby-Berkeley-artiges Musical versetzt ...

„The Big Lebowski“ (OmU) 1.-7.3. im Moviemento 2

■ Mag die Story von „The Big Lebowski“ verworren klingen, so ist in „Fear and Loathing in Las Vegas“ kaum mehr eine solche auszumachen. Ein Journalist fährt mit seinem Anwalt nach Las Vegas: vorgeblich, um über ein Autorennen zu berichten, tatsächlich jedoch eher, um jede erdenkliche Art von Drogen einzuwerfen - auf der Suche nach dem amerikanischen Traum, der irgendwie abhanden gekommen zu sein scheint. Der verqueren Wahrnehmung der beiden Herren angemessen, verfilmte Terry Gilliam den Kultroman von Hunter S. Thompson mit Johnny Depp und Benicio del Toro (der gerade in „Traffic“ als Drogenfahnder die Seiten gewechselt hat) als verzerrten, bösen Horrortrip: sehr konsequent, ziemlich merkwürdig und auch ein wenig anstrengend.

„Fear and Loathing in Las Vegas“ (OmU) 1.3-7.3. im Brotfabrik-Kino

■ In den Zwanzigerjahren des letzten Jahrhunderts ließ sich der britische Autor A.A. Milne von der Stofftiersammlung seines kleinen Sohnes inspirieren und erdachte für seine Geschichten Figuren wie den verfressenen Bären Winnie the Pooh, das ewig grantelnde Kaninchen Rabbit und den übermütig hüpfenden Tigger, ein Unikum aus der Verwandtschaft der hüpfenden Stofftiger. Als der Disney-Konzern in den sechziger Jahren erstmals einige Abenteuer der Bewohner des Hundert-Morgen-Waldes verfilmte, orientierte sich der Zeichenstil durchaus noch an E.H. Shepards Original-Buchillustrationen. Mit „Tiggers großes Abenteuer“ knüpfte Regisseurin Jun Falkenberg vor kurzem bewusst an diese Tradition an: In der Geschichte um Tiggers Suche nach einer eigenen Familie wurden die Figuren behutsam modernisiert, doch die Hintergründe erinnern nach wie vor an Shepards luftigen Bilderbuchstil. Die Animation ist flüssig und detailliert, die Musiknummern wirken überaus schwungvoll. Und für Bewegung sorgt Tigger mit seinen komplizierten Hüpfern schon ganz allein.

„Tiggers großes Abenteuer“ 3./4.3. im Nickelodeon

Lars Penning