Adlon: Rastalocken bleiben Reizthema

Hotelverband startet Kampagne: „We like Ausländer“. Im Adlon war Afrikanerin mit Zöpfchen aber unerwünscht

Der Hotelverband Deutschlands und mit ihm das Hotel Adlon haben gestern eine Initiative vorgestellt, mit der sie Farbe bekennen wollen, wie es so schön heißt: „We like Ausländer“ steht auf Ansteckpins, die mit den Gesichtern verschiedener Kulturen und Fahnen mehrerer Länder geziert sind. „Das Thema liegt uns sehr am Herzen“, begründete der Vorsitzende des Vorstands, Dieter Bauer, die Aktion. Aufgrund der „gesellschaftspolitischen Entwicklung“ in Deutschland müsse man Stellung beziehen. „Eindeutig.“

Obwohl der Slogan eindeutig nach Werbesprüchen wie „I love Milka“ oder „Ich rauche gern“ klingt, liegen nach Verbandsangaben bisher Bestellungen „in fünfstelliger Höhe“ vor. Das Tragen der Pins als Ausdruck der „Wertschätzung“ ist freiwillig.

Für den Hotelverband geht es neben einem „klaren und deutlichen Bekenntnis zu ausländischen Mitarbeitern, Gästen und Freunden“ im Jahr des Tourismus auch ums Überleben. Denn die deutsche Hotellerie könne ohne ausländische Mitarbeiter kaum bestehen. Nach Angaben des Verbands sind 26,6 Prozent der 1,48 Millionen Mitarbeiter Ausländer. Im Hotel „Adlon“, wo die Aktion gestern vorgestellt wurde, arbeiten Mitarbeiter aus über 40 Nationen.

Mit der Toleranz war es in der Nobelherberge vor einigen Jahren aber noch nicht so weit her. Im Juni 1997 sorgte die Nichtbeschäftigung einer jungen Frau, deren Eltern aus Burundi stammen, im In- und Ausland für Furore. Die Frisur der Jurastudentin – ihr fein gekräuseltes Haar pflegt sie in bis zu 200 geflochtenen Zöpfen zu tragen – entsprach nach Ansicht des Nobelhotels nicht den „durchschnittlichen mitteleuropäischen Gegebenheiten“.

Die Folge: Sie wurde am ersten Tag ihrer Beschäftigung über eine Zeitarbeitsfirma vom Empfang in den Küchenbereich versetzt und schließlich, am dritten Tag, nach Hause geschickt. Fast ein Jahr lang weigerte sich das Adlon, sich bei der schwarzafrikanischen Studentin zu entschuldigen.

Dem Verein „Initiative Schwarze Deutsche und Schwarze in Deutschland e. V.“, der dem Hotel Rassismus vorgeworfen hatte, unterstellten die Adlon-Anwälte gar „geistige Brandstiftung“ und drohten mit rechtlichen Schritten wegen übler Nachrede. Nachdem ein außergerichtlicher Einigungsversuch gescheitert war, trafen sich beide Parteien zu einem Gütetermin vor dem Landesarbeitsgericht. Erst dort nahmen die Adlon-Juristen Abstand von den „durchschnittlichen mitteleuropäischen Gegebenheiten“. Auf die Sprünge geholfen hatte ihnen Berlins Ausländerbeaufragte Barbara John (CDU). Sie hatte darauf hingewiesen, dass deren Rechtsauffassung „gesellschaftspolitisch veraltet“ sei.

Doch auch gestern war im Adlon der „Rastalook“, den der Vorstandsvorsitzende des Hotelverbands ansprach, ein Reizthema. Dieter Bauer formulierte es so: „Wenn die Rastalocken sauber sind und das Mädchen nett ist“, komme eine Beschäftigung als Zimmermädchen durchaus in Frage. Mit Blick auf den Generalmanager des Adlon, Jean K. van Daalen, sagte er: „Herr van Daalen wird vielleicht nicht unbedingt auf Rastalöckchen stehen.“

Da lag er goldrichtig. „Wir reden hier über alte Kamellen“, schimpfte er. Ein Ausländerproblem gebe es im Adlon nicht, stellte er klar. Doch: „Bei Rastalook ist das anders“, fügte er hinzu.

Dann zog Bauer es vor, über rosa und blau gefärbte Haare zu schwadronieren. Fragen nach dem Fall von 1997 bügelte er leicht ungehalten ab: „Rastalocken waren nie ein Problem und werden nie eins sein!“BARBARA BOLLWAHN
DE PAEZ CASANOVA