„Oft anders behandelt“

Ein dunkelhäutiger Berliner musste sich nach einer Verkehrskontrolle ausziehen. Der Grund: Verdacht auf Drogenbesitz. Seine hellhäutigen Begleiter blieben jedoch von dieser Prozedur verschont

von JULIA HARBECK

Ein 19-jähriger dunkelhäutiger Berliner musste sich bei einer Verkehrskontrolle ausziehen, wie jetzt bekannt wurde. Pikant: Seine hellhäutigen Freunde mussten sich dieser Prozedur nicht unterziehen. Der Sohn eines Pakistaners und einer Deutschen hat mittlerweile eine Beschwerde an die Polizei gerichtet.

20. Februar, kurz nach 20 Uhr: Boris K. ist mit zwei Freunden in einem Golf unterwegs. Das Auto gehört dem Fahrer, Boris sitzt auf der Rückbank. Am Waidmannsluster Damm in Tegel werden sie von einem Polizisten in Zivil herausgewunken: Ein dunkler VW sei gestohlen worden, ihre Personalien müssten überprüft werden. Später wird im Protokoll stehen, es habe im Auto nach Marihuana gerochen. Von diesem Vorwurf erfahren die Jungen nichts. Alle drei müssen aussteigen und ihre Taschen auspacken. Die Zivilstreife interessiert sich für den Verdacht auf besonders schweren Diebstahl (BSD). Eine ebenfalls anwesende Verkehrskontrolle soll zur Entlastung der Zivilpolizisten den Drogenverdacht klären. Boris wird zu einem Mannschaftswagen geführt. Dort soll er sich ausziehen.

Er weigert sich zunächst, fragt nach dem Grund. Als Antwort hört er „BTM“ – Betäubungsmittel. Immer wieder wird er gefragt, ob er eine Waffe bei sich habe. „Als ich schon in T-Shirt und Unterhose dastand“, sagt Boris. Die Beamten finden weder Waffen noch Drogen.

Boris bekommt ein Protokoll, das identisch ist mit dem seiner beiden Freunde. Eine Kontrolle wegen Verdachts auf „BSD und BTM“, wie es heißt. Warum nur Boris sich vor mehreren Beamten komplett ausziehen musste – obwohl bei Verdacht auf Drogenbesitz eigentlich alle Verdächtigen gleichermaßen hätten untersucht werden müssen – können die jungen Männer ihren Protokollen nicht entnehmen.

Der Vater von Boris, ein promovierter Wissenschaftler und Unternehmer aus Pakistan, kann nicht fassen, was seinem Sohn passiert ist: „Das ist doch hier seine Heimat.“ Der Anwalt der Familie K. hat eine Beschwerde an die Polizei gerichtet. Genützt hat sie bisher nichts. Bislang gibt es nicht einmal eine Entschuldigung. Der Grund: Im Fall Boris K. sei nach Prüfung der Protokolle und Aussagen der beteiligten Beamten kein Falschverhalten festzustellen, so ein Polizeisprecher. Wenn bei einer Kontrolle zwei Dienststellen involviert seien, könne es zu „Reibungsverlusten“ kommen. Die jungen Männer hätten zwar über den BTM-Verdacht informiert werden müssen, ansonsten sei aber alles ordnungsgemäß abgelaufen. Für Boris war das jedoch kein Einzelfall: „Ich werde oft anders behandelt als meine hellhäutigen, blonden Freunde.“