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: STEFFEN GRIMBERG über Recht, Gesetz und Heinz Klaus Mertes

Lang lebe die „tagesschau“, lang lebe der BGH!

Dass man bei Sat.1 und ProSieben, den erfolgsverwöhnten Fastmarktführern in Deutschlands privater Fernsehstube, dann und wann vor neue Höchstleistungen feierndem Champagnerkorkengeknalle das eigene Wort nicht verstehen kann, ist eine schnöde Branchenwahrheit.

Und gestern war es mal wieder so weit: Zehn Jahre lang hatte man sich gestritten – und jetzt, wo schon mancher der einst Beteiligten längst abgefunden fern der Öffentlichkeit früheren Ruhm verzehrt, wo andere zwar noch da sind, aber längst vergessen hatten, worum es eigentlich ging, jetzt war sie da, die Entscheidung: „Die ARD als Produzentin von „Tagesschau“ und „Tagesthemen“ darf anderen Sendern nicht verbieten, Nachrichtensendungen „Tagesreport“ oder „Tagesbild“ zu nennen. Mit diesem letztinstanzlichen Urteil hat der Bundesgerichtshof am 1. März einen seit über zehn Jahren währenden Titelschutzstreit beendet (Aktenzeichen I ZR 205/98 und I ZR 211/98). Der NDR hatte dagegen geklagt, dass die Privatsender Sat.1 und ProSieben seinerzeit ihre Nachrichtensendungen „Tagesreport“ bzw. „Tagesbild“ nennen wollten“, meldete laut taz-Ticker exakt um 14 Uhr, 51 Minuten und 01 Sekunden der für seine mediale Berichterstattung zu Recht hoch gerühmte Evangelische Pressedienst (epd).

Und ob der Begründung fühlen wir uns bestätigt, wenn auch mit einem Tränchen im Knopfloch: Mit schwerwiegender Verwechslungsgefahr hatte der Norddeutsche Rundfunk nämlich stets argumentiert, doch nun folgten die Richter „nicht dem Argument des NDR, wonach die geplanten Nachrichtensendungen der Privatsender mit den seit 1954 bzw. 1978 ausgestrahlten ARD-Programmen „Tagesschau“ und „Tagesthemen“ hätten verwechselt werden können. Dafür seien die Bezeichnungen zu unterschiedlich“, heißt es in schönster epd-Prosa. Und dann noch dies: „Der Verbraucher habe sich daran gewöhnt, auch auf kleine Unterschiede im Titel zu achten „und beispielsweise ‚Morgenpost‘ und ‚Morgenblatt‘ auseinander zu halten“, lässt sich das Gericht vernehmen.

Nur zwischen Papier und TV-Gerät respektive tageszeitung und Fernsehsendung kann er noch nicht unterscheiden, der Verbraucher: Denn als die taz mit dem kühnen Gedanken spielte, ihre titelseitige Kolumne „verboten“ in „tagesschau“ umzubenennen, zog der NDR ebenfalls vor Gericht, argumentierte mit Image- und Verwechslunsgefahren – und gewann.

Prost also, ihr Glücklicheren, ihr Nachrichtenmacher bei Sat.1 und ProSieben. „Tagesreport“ – da schalten wir sofort ein. Und „Tagesbild“, das lässt sich ausbauen: Danach läuft dann bestimmt der „Abendfilm“.

Schade nur, dass diese wunderbaren Titel aus einer Zeit stammen, als Heinz Klaus Mertes noch bei euch die große (Nachrichten-)Politik machte. Und eure News heute ganz anders heißen.