Zweisamkeits-Fluch

■ Mit Madsen „Dem Tag entgegen“

Partner wie Schlüpfer zu wechseln und das noch auf Anordnung des Staates, das ist schon allerhand. Deshalb kommt sowas auch nur im utopischen Roman vor und nennt sich dann „Austauschsystem“. Dazu gehört, dass man jeden Morgen mit der Aussicht auf ein neues, prickelndes Leben beginnt: neue Kinder, neue Wohnung, neuer Job, neue Freunde, und allen geht es blendend. Das Glück der Eintagsfliege. Und ganz ohne Sorglospillen, wie sie Aldous Huxley seine Figuren noch einwerfen ließ.

Im Roman Dem Tag entgegen des dänischen Modernisten Svend Åge Madsen gibt es lediglich Schlaftabletten. Kaum nämlich schläft der Mensch, befindet er sich schon auf der Reise zu seinem morgigen Dasein. Wo er landet, wählt der Großrechner Madam Datam aus. So kommt niemand in die Verlegenheit, mehr als einen Tag in der gleichen Paarkonstellation verbringen zu müssen. Doch eines Tages trifft Elef auf Maya – und die wollen sich durchaus wiedersehen. Also loggt sich Elef in Madam Datam ein und stiehlt auf diese Weise erst einen weiteren Tag mit Maya, bis die beiden schließlich ganz dem System entschlüpfen.

Diese Liebesgeschichte in einer Zeit, die keine Liebe kennt, zeigt nun das Theater in der Washingtonallee. In Angelika Landwehrs Zwei-Personen-Stück gibt Mirko Girman den Elef, während Marisa Calcagno nebst Maya die täglich frischen Frauen verkörpert, an deren Seite Elef immer widerwilliger erwacht. Für die schnellen Partnerwechsel wählt Landwehr entweder Schnitte durch Abblenden oder flinkes Verlassen der Bühne.

Besonders Calcagnos Spiel überzeugt durch Vielseitigkeit: Ihr Schwingen vom modellierten Püppchenhaften zum Träumerischen bildet das nötige Gegengewicht zum bisweilen etwas hölzernen Spiel Girmans. Trotzdem spürt man ein unangenehmes Schaudern, wenn am Ende die Erkenntnis steht, dass Elef und Maya durch den Fluch der ewigen Zweisamkeit längst nicht mehr so offen sind. Das Stück zeigt eine nicht ganz unbekannte Welt, in der ohne garantierte Abwechslung nur hilflose Langeweile ist. Liv Heidbüchel

noch bis Mai, Mi bis So, 20 Uhr