Anerkennung für einen kollektiven Bergungsakt

■ Der Villa-Ichon-Friedenspreis wurde für Erinnerungsarbeit am Bunker Farge vergeben

Riesenhaft steht er da, ein Trum aus Stahl und Beton. Um den Akt seines „Verschwindens“ zu forcieren, verzichtete man lange Zeit darauf, das wohl größte Bauwerk des Bundeslandes in Stadtplänen zu verzeichnen. Ideen, den U-Boot-Bunker in Farge zu einer Gedenkstätte zu machen gab es bereits kurz nach dem Krieg. Allein es fehlte, wen wundert's, die Lobby.

All jenen, die es geschafft haben, den Bunker wieder ein Thema sein zu lassen, gilt der diesjährige Kultur- und Friedenspreis der Villa Ichon, der am Samstag verliehen wurde. Für einen kollektiven Bergungsakt. Zahlreiche Initiativen und Einzelpersonen beteiligten sich an der späten „Wiederentdeckung“ des Neuengamme-Außenlagers „Valentin“, das den „menschenverachtenden Vernichtungswillen des Nationalsozialismus realisierte und eben nicht die Montage von U-Booten als Zweck“ hatte, so Sabine Offe, Dozentin der Bremer Universität.

Die ersten seien in den 80er Jahren die Überlebenden selbst gewesen. Als wären sie, oft nur knapp dem qualvollen Tod entkommen, schlussendlich auch noch dafür verantwortlich, jene Zeichen (wieder) lesbar zu machen, mit denen sich ihr eigenes Schicksal und das derjenigen, die Farge nicht überlebten, dem Ort gleichsam eingeschrieben hatte. Der nun verliehene Preis kommt ihnen zu, genau wie jenen, die sich im Anschluss „künstlerisch, wissenschaftlich und politisch um die Aufarbeitung der Geschichte des U-Boot-Bunkers Valentin verdient gemacht haben“. Es entstanden Bücher, Theaterproduktionen, Fotoserien, aber auch Denkmäler zur Erinnerung an die „Vernichtung durch Arbeit“ und Konzepte für einen „Geschichtslehrpfad Lagerstraße“.

Offe würdigte die Vielzahl unterschiedlicher Ansätze undBemühungen, verwies zugleich aber auf die Schwierigkeiten, die ein Erinnerungsprojekt dieser Größe mit sich bringt. Jede Position könne zur weiteren Faszination dieses Zeichens der „Dialektik von Fortschritt und Gewalt“ beitragen. Da kein Konzept solche Ambivalenzen kontrollieren könne, gelte es, sie in eine Gesamtkonzeption miteinzubeziehen.

Herbert Wulfekuhl, der für die Landeszentrale für politische Bildung den Preis stellvertretend entgegennahm, schlug vor, sich einen Überblick über Quellen, Interessen und Wissensstand zu machen, um dann gemeinsam ein Konzept zu erarbeiten. Erste Versuche in dieser Richtung zeigten im vergangenen Jahr nicht nur die Schwierigkeit dieser Unternehmung auf, sondern auch, dass so etwas möglich ist.

Auch in diesem Sinne, heißt es in der Jury-Begründung, soll das Preisgeld in Höhe von 10.000 Mark als Anschubfinanzierung verstanden werden.

Tim Schomacker