Auch Banken denken um

Die Experten der konventionellen Finanzwelt beobachten die Ökobranchen genau. Doch weil die Angebote der Banken noch dürftig sind, suchen Investoren ohne deren Hilfe nach lukrativen Anlagen

Gute Perspektiven:„Die Vision einersolaren Zukunft istheute Gemeinplatz.“

Die Zeugen des ökologischen Wirtschaftswandels kommen diskret daher. Sie schlendern über Ökomessen, schauen hier, plaudern dort. Und erst wenn sie die Visitenkarte herüberreichen, wird deutlich, in wessen Mission sie unterwegs sind. Auf den Kärtchen steht dann zum Beispiel „Arthur D. Little“ oder „Pricewaterhouse Coopers“ – gute Namen aus der Welt der Finanzen.

Zum Beispiel Ende Januar in Berlin: Wieder einmal trafen zwei Welten aufeinander, zwei Metiers, die dem Klischee zufolge partout nicht zusammenpassen: die Ökobranche und das Geldgewerbe. „Grünes Geld“ nannte sich die Messe. Und wieder einmal wurde dabei deutlich, dass die Zeit der ideologisch motivierten Fronten vorbei ist.

Denn beide Seiten haben gelernt. Die Ökobranche ist professionell geworden und hat begriffen, dass Geldverdienen nicht per se verwerflich ist. Und das Geldgewerbe hat die Berührungsängste abgelegt gegenüber einem Wirtschaftszweig, der sich zunehmend auch ökonomisch als lukrativ erweist.

In der Finanzwelt sind wieder handfeste Werte gefragt, seit die Luftblasen der virtuellen Internetwirtschaft zerplatzt sind. Schrittmacher der Ökowirtschaft sind die unerschöpflichen Energien. Beflügelt durch steigende Ölpreise, wurden Unternehmen aus dem Bereich der erneuerbaren Energien zum Marktrenner – wer klug investiert hatte, konnte an der Börse im vergangenen halben Jahr mit dem steigenden Ölpreis erheblich mehr Geld verdienen, als er an der Tankstelle drauflegen musste.

Immer mehr Anleger begreifen inzwischen diese Zusammenhänge. Daher sind binnen zwei Jahren die Mittelzuflüsse in Umweltfonds in Deutschland um das 36fache gestiegen; ihr Volumen hatte sich bis zum Jahresende 2000 auf mehr als 3 Milliarden Mark gesteigert. Für börsennotierte Umweltaktien gaben die Bundesbürger 1998 erst etwa 80 Millionen Mark aus, zwei Jahre später investierten sie bereits 552 Millionen Mark. Und nicht nur der Wiener Finanzexperte Max Deml, Herausgeber des Informationsdienstes Öko-Invest, ist überzeugt, dass der Trend anhalten wird: Nachdem erst 0,4 Prozent der aufgelegten Fonds Umweltfonds sind, bleibt noch viel Wachstumspotenzial.

Das sehen zunehmend auch die deutschen Großbanken so. „Die erneuerbaren Energien stehen bei uns auf der Prioritätenskala ganz weit oben“, sagt Peter Pietsch von der Commerzbank. Er rät Investoren allerdings davon ab, sich an den kurzfristigen Trends an den Energiemärkten zu orientieren und gerade dann plötzlich Ökoaktien zu kaufen, wenn der Ölpreis mal wieder spontan steigt. Ein Blick auf die langfristige Preisentwicklung sei sinnvoller. Aber da der Energiepreis aller Voraussicht nach „langfristig deutlich höher liegen wird als heute“, spreche dies durchaus für die Ökobranche. Nebenbei wird damit auch deutlich, dass die Commerzbank selbst noch Nachholbedarf in diesem Punkt hat: Einen entsprechenden Fonds hat die Großbank noch nicht zu bieten.

Auch die anderen Großbanken tun sich mit konkreten Angeboten schwer, obwohl sie die Chancen der erneuerbaren Energien durchaus anerkennen. „Das ist zwar ein interessantes Marktsegment, aber für uns viel zu klein“, sagt Matthias Jansen vom Deutschen Investment-Trust (DIT), einer Dresdner-Bank-Tochter. Der DIT-Energiefonds setzt da lieber noch auf die Großunternehmen der konventionellen Energiebranche.

Gute Perspektiven sieht auch die Deutsche Bank: „Die Zukunftsvision einer ‚solaren Zukunft‘ ist heute Gemeinplatz“, schreiben die Analysten der Deutschen Bank Research in einem aktuellen Papier. Und auch sie kommen zu der Erkenntnis, dass die „Ausschöpfung des Potenzials der erneuerbaren Energien weltweit immer noch am Anfang steht“ – dass sich somit ein Wachstumsmarkt auftut.

Wichtiges Indiz für den Auftrieb der Ökowirtschaft ist auch der Wandel der Rating-Agenturen. Bislang wurden Unternehmen von externen Gesellschaften stets allein hinsichtlich ihrer ökonomischen Bonität bewertet – Moody’s oder Standard & Poor’s heißen die Großen in diesem Business. Diese Unternehmen vergeben nach eingehender Prüfung im Idealfall ein „AAA“ für die Firmen, was Investoren beste Sicherheit verheißt.

Inzwischen aber beginnt auch ökologisches Rating in der Finanzwelt Fuß zu fassen. So erteilt etwa die Münchner Firma Oekom-Research den Unternehmen Noten bezüglich der Nachhaltigkeit ihrer Wirtschaftsweise. Denn zunehmend achten Investoren auch auf diesen Punkt. Das müssen sie, schon aus der Logik heraus: „Ressourcen zerstörende Investments sind ökonomisch sinnlos“, rechnet sachlich Ulrike Strasser von Arthur D. Little vor, und fügt hinzu: „Umweltbedingte Wertberichtigungen in Unternehmensbilanzen häufen sich bereits.“ Wer künftig ein ökologisches AAA verliehen bekommt, hat also beste Voraussetzungen auch für ökonomischen Erfolg.

Ulrike Strasser, Arthur D. Little: „Ressourcen zerstörende Investments sind ökonomisch sinnlos.“

Weiteren Auftrieb dürfte den Ökofonds und den darin geführten Unternehmen die anstehende Rentenreform geben. Denn künftig werden alle Anbieter von Fonds zur Altersvorsorge – so der Wortlaut des Gesetzestextes – darüber berichten müssen, „ob und wie sie ethische, soziale und ökologische Belange bei der Verwendung der eingezahlten Beiträge berücksichtigen“. Der Run ist also programmiert. Zumal derzeit erstmals eine ökologisch aufgeschlossene Generation jenes Alter erreicht, in dem die Menschen in größerem Umfang Geld zum Investieren verfügbar haben. Den typischen Ökoanleger kennen die Marktforscher bereits: Er oder sie ist im Durchschnitt 41 Jahre alt und hat eine überdurchschnittliche Schulbildung genossen.

Doch ehe jetzt die Banken auf den großen Zulauf der Ökokunden hoffen, sollten sie eine Umfrage beachten, die Marktforscher von der Dortmunder Firma ECOreporter.de kürzlich veröffentlichten: Nur 7,6 Prozent der Anleger mit ökologischen Zielen wenden sich zwecks Beratung an ihre Bank, sondern informieren sich lieber selbst in der Branche, bei Bekannten oder aus Fachmedien. Den Banken nämlich, so erfuhr Jörg Weber von ECOreporter bei seinen Erhebungen, werde in Sachen ökologische Geldanlagen „nicht besonders viel Kompetenz zugesprochen“.

BERNWARD JANZING