Keine Versicherung gegen die Seuche

Landwirte in Nord- und Ostdeutschland können sich nicht mehr gegen Maul- und Klauenseuche versichern

BERLIN taz ■ Gekeulte Tiere, unter Quarantäne gestellte Bauernhöfe, Verkaufsverbote für Milch und Fleisch – so sieht derzeit das Horrorszenario aus, das jedem Tierhalter hierzulande den Angstschweiß auf die Stirn treibt. Schon der begründete Verdacht, dass die im Stall stehenden Schafe, Rinder oder Schweine sich mit der Maul- und Klauenseuche (MKS) infiziert haben, reicht aus, den Landwirt in den Ruin zu treiben. Müssen die Tiere gekeult werden, bekommt der Landwirt zwar einen Teil des Tierwertes aus der Tierseuchenkasse ersetzt. Doch für die Folgekosten – Milchausfall, Hygienemaßnahmen, Desinfektion und Tierbeseitigung – muss der Landwirt selbst aufkommen. Es sei denn, er hat sich frühzeitig genug gegen die Tierseuche versichert.

„Nur rund 30 Prozent der Betriebe sind gegen MKS versichert“, sagt Michael Wieschmann, Gruppenleiter bei der Vereinigten Tierversicherung (VTV), dem größten deutschen Tierversicher. Und wer sich jetzt noch gegen das MKS-Risiko absichern möchte, der kommt zu spät. Zumindest wenn seine Tiere in Norddeutschland oder in den neuen Bundesländern stehen. Denn in diesen Gebieten wird die MKS-Versicherung nicht mehr angeboten.

„Das ist keine Reaktion auf die aktuelle Entwicklung“, versichert Wieschmann, „der Stopp für weitere MKS-Versicherungen wurde schon im Januar verkündet, bevor die ersten Verdachtsfälle in Großbritannien auftraten.“ Als Grund gibt der Versicherungsexperte vielmehr an, dass derzeit keine Möglichkeit mehr bestehe, das eigene Risiko rückzuversichern. Um nicht selbst auf dem vollen Risiko sitzen zu bleiben, sichern sich die Versicherungsunternehmen ihrerseits bei so genannten Rückversicherern ab.

Da im Unterschied zu anderen Tierinfektionen, BSE zum Beispiel, wo meist nur ein einzelner Hof betroffen ist, bei der MKS durch großflächige Qurantänemaßnahmen eine ganze Region mit zahlreichen Tierhaltern in Mitleidenschaft gezogen wird, ist der zu erwartetende Schaden um ein Vielfaches höher. Das heißt aber auch, dass, je mehr Betriebe in einem Gebiet versichert sind, der Versicherungsschaden umso höher wird.

Welchen Anteil nun die Rückversicherer bereit sind zu übernehmen, wird deshalb schon lange im Voraus ausgehandelt. Und diese Rückversicherungskapazität wurde in den betroffenen, tierreichen Bundesländern aufgrund der durch die BSE-Angst ausgelösten großen Nachfrage nach Tierversicherungen zu schnell erreicht.

WOLFGANG LÖHR