american pie
: Die Basketball-Liga CBA ist nach 55 Jahren bankrott

Das Futter der Erinnerungen

The day, the music, died

Schon mal von Charlie Criss gehört, von Bill Chanecka oder Hal Lear? Noch nicht? Die All-Time Players der Continental Basketball Association (CBA) kennen Sie nicht? Wohl aber Isiah Thomas? Spielte früher bei den Detroit Pistons in der NBA, ist heute Coach der Indiana Pacers. Und die CBA hat ihm bis vor kurzem gehört. Isiah lächelt immer noch herzerweichend unschuldig. Warum auch nicht. Er bleibt ein Mann der Zukunft, während die CBA Vergangenheit ist. Pleite. Runtergekommen und abgewirtschaftet.

Von schimmeligen Kontrakten, haltlosen Versprechungen und geplatzten Schecks ist die Rede. Den Veteranen der Liga blutet das Herz. Sie schwelgen in Erinnerungen. Man muss Earl „Chick“ Craig Glauben schenken, wenn er davon erzählt, wie er beim allerersten Spiel der Liga, die damals noch Eastern League hieß, mitmachte: Allentown trat gegen Hazelton an. Unter der Woche arbeitete er am Schienenstrang in Diensten der Jersey Central Railroad, am Wochenende nahm er beschwerliche Anfahrtswege in Kauf, um Basketball zu spielen. „Wir waren alle aus dem Krieg zurück und hungrig danach, Sport zu machen“, sagt Chick. Das war vor 55 Jahren.

Die CBA spielte sich nie in den großen Städten ab. Mit den Namen der Mannschaften der letzten Saison lässt sich eine Reise in das Innere der Staaten unternehmen: Idaho Stampede, Gary Steelheads oder Yakima Sun Kings klingen so verführerisch altbacken, dass es kaum verwundert, warum die CBA von der neuen Zeit platt gemacht wurde. Die CBA taugte alten Cracks natürlich nicht nur als Panoptikum, sie lieferte der NBA auch zu. Phil Jackson coachte in Albany die Patroons und brachte es bis zu den L.A. Lakers. Auch Anthony Mason und Chris Childs stiegen auf vom Provinzteam in die Glitterwelt der NBA.

Ein bisschen Glanz verlieh zunächst der Einstieg von Isiah Thomas. Er kaufte 1999 die neun Mannschaften der CBA für neun Millionen Dollar. Thomas versprach eine zentrale Vermarktung und einen Fernsehvertrag. Doch der Sender BET übertrug nur fünf der 14 vereinbarten Spiele, die CBA-Zentrale in Phoenix verschlang Unsummen. Der Basketballkonsument hatte zudem Probleme, sich mit den Teams zu identifizieren, wanderten diese doch im Durchschnitt in weniger als vier Jahren in einen weiteren unbedeutenden Ort.

Hauptursache des Niedergangs war das wachsende Desinteresse von Thomas. Wegen seiner Verpflichtung als Trainer der Indiana Pacers musste er nach den NBA-Regeln als Besitzer der CBA aussteigen. Ein Übernahmeangebot der NBA über elf Millionen Dollar schlug er aus. Begründung: die CBA sei mehr wert. NBA-Boss David Stern war aber nicht bereit, mehr zu zahlen für die sieche CBA, und trieb stattdessen die Pläne zur so genannten D League, der Development-NBA, voran. Demnächst startet der Spielbetrieb der D League, die vor allem europäischen Talenten Spielpraxis in Amerika verschaffen will.

Schon im Dezember war klar, dass nicht alle 56 CBA-Spielrunden stattfinden werden. Mitte Januar konnten dann nicht mal mehr Flugtickets bezahlt werden. Das Team der Fort Wayne Fury hing zwei Tage am Flughafen fest. Anfang Februar versandte die Zentrale in Phoenix ein Fax. In vier dürren Absätzen wurde erklärt, dass sie ihre Arbeit einstellt. Doch, wer weiß, vielleicht krabbelt ja die Cockroach League, die Küchenschaben-Liga, wie die CBA auch heißt, einfach weiter – mit dem Futter der Erinnerungen.

MARKUS VÖLKER