Wenn die Heide dogmamäßig wackelt

In „Ein tödliches Wochenende“ (20.15 Uhr, ARD) geht es im dänischen Dogma-Stil um Psychomüll und Seelendramen

Frust im Beruf, Ärger in der Ehe, schlimme Kindheit, allgemeine Überforderung, Angstzustände; gute Gründe allesamt, um sich in therapeutische Behandlung zu begeben. Und so haben sich fünf Menschen, die sich eigentlich in der Blüte ihres Lebens befinden sollten, zu einem Psycho-Wochenende in der Lüneburger Heide eingefunden, irgendwo in einem abgelegenen Waldhaus.

Auf dem Weg dorthin überfährt einer der Teilnehmer einen Jungen und lässt ihn schwer verletzt dort liegen. Der verzweifelte Vater findet ihn und bringt ihn ins Krankenhaus. Während die einen also um die Rettung ihrer Seelen bemüht sind, kämpfen Ärzte und Eltern um das Leben des Kindes. Vergeblich. Der Junge stirbt. Ein sinnloser Tod. Der Vater sinnt auf Rache, vermutet den Täter in der seiner Meinung nach dubiosen Psychogruppe.

Ein spannender Plot: Wie reagieren Menschen, die vollständig mit ihrem eigenen Leiden beschäftigt sind, plötzlich auf Schmerz, der von ihnen verursacht wird, sich Opfer- und Täterrollen also umkehren? Nach 90 Minuten ist man dann jedoch etwa so schlau wie nach einem Psycho-Wochenende: Viel Müll hat man erfahren. Drehbuchautor Klaus-Peter Wolf und Regisseur Torsten C. Fischer konnten sich nicht so recht entscheiden, was sie denn erzählen wollten: einen Krimi, eine rabenschwarze Komödie, ein Seelendrama oder gar das Sittengemälde einer degenerierten Gesellschaft.

So renommierte Schaupieler wie Andrea Sawatzki, Nene Mueller-Stöfen, Dominique Horwitz, Helmut Berger, Thomas Kretschmann und Jürgen Hentsch dürfen Sätze aufsagen wie: „Wir befinden uns in einer Extremsituation“ oder: „Unsere Gefühle fahren Achterbahn“ und dabei viel schreien, weinen und schlagen; allein, es lässt einen kalt. Nur die wieder einmal wunderbare Katrin Saß als trauernde Mutter des kleinen Jungen rührt für wenige Minuten. Ach ja, und dann hatte der Regisseur noch einen Einfall: Er ließ die Kamera ordentlich wackeln. Da schien man doch ein bisschen zu sehr auf die dänischen Dogmafilme geschielt zu haben. Auch wenn „Ein tödliches Wochenende“ in mancherlei Hinsicht ähnlich emotional existenzielle Fragen stellt wie „Das Fest“ von Thomas Vinterberg oder Lars von Triers „Idioten“, ist die visuelle Umsetzung eher dürftig und provinziell. Und das liegt nicht an der Lüneburger Heide. THORSTEN PILZ