Deadline Mittagsschlaf

Der Anfang war wie Urlaub. Ich flanierte mit Robert, meinem acht Monate alten Sohn, durch den Park. Es war Sommer, ich aß Eis und Robert eine Vollkornwaffeln aus dem Bioladen. Es war sogar besser als Urlaub: Flanieren mit hoher sozialer Anerkennung gewissermaßen. Wenn die Omis und Muttis auf dem Spielplatz erst mal raushatten, dass sie tatsächlich jemanden vor sich hatten, der den Job gegen ein Jahr Kinderwagenschieben getauscht hatte, gab es kein Halten mehr. „Also das find’ ich wirklich gut, dass Sie sich um das Kind kümmern.“ Und – diese Nachfrage kam eigentlich immer –: „Schadet das nicht Ihrer Karriere?“

Es war nicht immer einfach, den Leuten zu erklären, dass es tatsächlich eine Erholung ist, nicht in Konferenzen zu sitzen, nicht wahnsinnig nette Kollegen ertragen zu müssen und keinen Redaktionsschluss zu haben. Die einzige Deadline, die man keinesfalls verpassen durfte, war die: schon kurz nach Robert in den Mittagsschlaf sinken.

„Macht Ihr Arbeitgeber denn das mit?“, war noch so eine Frage. Der Arbeitgeber macht das nicht nur mit; es gehört schlicht zur Unternehmenskultur. Dass von den sechs Neuvätern der letzten zwei taz-Jahre fünf eine Auszeit nehmen, hat allerdings noch einen prosaischen Grund: Die taz zahlt schlecht. Wenn die Kindsmutter einen Job hat, verdient sie meist mehr als der tazler.

Die zweite Hälfte meines Erziehungsurlaubs, pardon: Erziehungszeit, verspricht schwierig zu werden. Seit Robert laufen kann und nun öfter kurzerhand Richtung Freiheit abbiegt, ist alles anders.

Er wird Person. Wenn ich für ihn nicht Bauklötze aufeinander stellen, sondern am Laptop sitzen will, räumt er halt den Bücherschrank aus. Oder dreht die Anlage auf. Oder setzt sich auf den Drucker. Oder zerfleddert die Zeitungen, die ich noch lesen will, nein muss! Jetzt zum Beispiel kann ich nur noch mit der Rechten schreiben – weil ich mit der Linken die Netztaste des Laptops vor ihm abschirmen muss. CHRISTIAN FÜLLER,
BILDUNGSREDAKTEUR