Zappeln gegen rechts

Am Dienstagabend startete im WMF die Tour „No Historical Backspin“, bei der sich DJs zum Antifaschismus bekennen. Das Partyvolk war begeistert, den Erlös bekommt die Amadeu Antonio Stiftung. In Berlin sind noch zwei Veranstaltungen geplant

von DANIEL FERSCH

Vor der Tür des WMF hätte es auch ein x-beliebiger Clubabend sein können: Schon um halb zwölf hat sich eine gut gelaunte Schlange gebildet. Nichts lässt auf einen ernsten Hintergund schließen. Kommt man jedoch in die Lounge des Clubs, wird man sofort mit dem Anliegen der Nacht konfrontiert. Auf Flachbildschirmen und großflächigen Projektionen flackern in rhythmischen Abständen das Logo von „No Historical Backspin“, einem DJ, der ein Hakenkreuz in die Mülltonne pfeffert, und Messages an das Partyvolk auf. „Deutschland vergreist – Zuwanderung ist nötig“, heißt es da, „Keinen Fußbreit den Faschisten“ oder „Haut die Glatzen in die Fratzen“. Plakativer hätte es auch die Antifa nicht formulieren können.

„Diese Deutlichkeit ist gewollt“, bestätigt Monika Kruse, DJane und Mitinitiatorin von „No Historical Backspin“. „Keiner soll sich dem Thema entziehen können.“ Ein „Backspin“ ist dann, wenn der DJ eine Platte auf dem Teller zurückdreht. Ein „Historical Backspin“ wäre in diesem Sinn ein Rückfall in die dunklen Zeiten der deutschen Geschichte.

Dagegen und gegen „jegliche Form von Ausländerhass“, wie es in der Selbstdarstellung im Internet heißt, wendet sich die Initiative von Künstlern und DJs aus der elektronischen Musikszene. Am Anfang, so Kruse, stand die Idee, eindeutig Stellung zu beziehen, vor allem weil es auch bei Ravern rassistische Tendenzen gebe. Über 450 Produzenten und DJs konnten überzeugt werden, mit ihren Namen auf Anzeigen in Szenemagazinen gegen rechte Gewalt anzutreten.

Die Veranstaltung im WMF am Dienstagabend bildet nun den Auftakt für eine Benefiztour durch fünf deutsche Städte. Alle Beteiligten verzichten dabei auf sämtliche Eintrittsgelder und Gagen. Nutznießer ist die Amadeu Antonio Stiftung, die Initiativen aus den Bereichen Opferschutz und der antirassistischen Jugendarbeit fördert.

Die Botschaft scheint das Publikum zumindestens erreicht zu haben. Fragt man einen von den verschwitzten Tänzern, erntet man nur positive Reaktionen. Selbst diejenigen, die vorher nichts von der Aktion gewusst hatten, bekunden ihre Unterstützung. Trotzdem ist man nicht hier, um zu demonstrieren, sondern weil man Spaß haben will. Ein Pärchen beschwert sich noch, dass der Eintritt nicht wie angekündigt zehn, sondern zwanzig Mark gekostet habe, um gleich danach zur Tanzfläche aufzubrechen und unter den Tänzern, die vor der Deko mit politischen Motiven lustvoll die Arme in die Luft werfen, zu verschwinden.

Der Infostand, den die Amadeu Antonio Stiftung gegenüber der Garderobe aufgebaut hat, wird von den Tänzern nur spärlich besucht. Julia Plessing, die die ganze Nacht über Flugblätter und Infobroschüren verteilt, ist trotzdem gut gelaunt. „Bei ‚Rock gegen Rechts‘ war das auch nicht viel anders“, meint sie.

Beeindruckt hätten sie aber das Engagement und das Konzept der Initiatoren. Schon allein die Vernetzung und Unterstützung der vielen Szenegrößen sei ein Erfolg, sagt Julia Plassing. In einer Hinsicht war die Party allerdings auf jeden Fall extrem erfolgreich: Etwa zehntausend Mark habe die Benefizaktion erbracht, schätzen die Veranstalter.