Rote Ratte ohne Blauen Mond

■ Wegen Nichterfüllung der Sicherheitsauflagen hat Musicalchef René Meyer-Brede die „Blue Moon Bar“ vor die Tür gesetzt. Barmann Barfly ist empört

Die Feuerwerkskatastrophe im holländischen Enschede zieht ihre Kreise bis in die Chefetage des Bremer Musicaltheaters. Geschäftsführer René Meyer-Brede fühlt sich beim Gedanken an den pyrotechnischen Super-Gau immer irgendwie an die „Rote Ratte“ erinnert und an die heillosen Zustände in ihrem Inneren. Solche Zustände herrschen immer dann, wenn Christian Zurwellen, alias Barfly, dort sonntags, montags, dienstags seine „Blue Moon Bar“ veranstaltet.

Da flackert offenes Feuer (Kerzen) an der Kasse und 3er-Stecker unter Hochspannung baumeln von der Decke. Unzumutbar und hochgefährlich. Deshalb ist Zurwellen am letzten Wochenende mitsamt seiner „Blue Moon Bar“ unsanft aus der „Roten Ratte“ hinausbefördert worden. „Unverhältnismäßige Verschmutzung, offenes unbeaufsichtigtes Feuer (Kerzen) an diversen Stellen, Nichteinhaltung der Versammlungsstättenverordnung“ und noch einiges mehr wirft das Kündigungsschreiben dem Mondbar-Betreiber vor.

Für Barfly war die Arbeit in den letzten Monaten reinste Tortur. Bei dem Vorwurf, gegen die Brandschutzauflagen verstoßen zu haben, muss der 32-Jährige mit der Wuschelfrisur unweigerlich lachen: „Die Kerze am Eingang stand in einem Sektkelch. Da muss sich jemand schon richtig Mühe geben, um damit etwas in Brand zu stecken.“ Verständnisloses Kopfschütteln. „Herr Zurwellen hat die Sicherheitsauflagen nach mehrmaligem Ermahnen nicht eingehalten“, erklärte René Meyer-Brede schroff. Detaillierter möchte er aber solch „interne Dinge“ nicht an die Öffentlichkeit bringen.

Christian Zurwellen hat dagegen ganz enormen Redebedarf. Lächerlich sei das Argument, dass jemand seine Finger in einen freihängenden 3er-Stecker bohren könnte um dann einen plötzlichen Elektro-Tod zu erleiden. „Es sind doch keine Kleinkinder unter meinen Gästen.“

Doch Meyer-Brede will diese Verantwortung nicht mehr übernehmen. Als Alternative bot er Barfly an, doch mit der „Blue Moon Bar“ in die hauseigene „Henrys Bar“ zu ziehen. Das wiederum wollte Barfly nicht, wegen des zu steifen Ambientes. Er nahm also die Kerze vom umstrittenen Standort an der Kasse weg und stellte sie einfach woanders hin.

Am letzten Freitag nun wurde aus den kleinen Schikanen ein waschechter Rosenkrieg und die „Blue Moon Bar“ flog endgültig raus. Die Veranstaltungen für März und April liegen vorerst auf Eis. Für Barfly ist die Suche nach Unterschlupf nichts Neues. Immerhin hat er in den fünf Jahren Barbetrieb auch genauso oft die Location wechseln müssen. Er steht inzwischen schon wieder in Verhandlungen für einen neuen Mondbarstandort.

In der „Roten Ratte“ hat er sich sehr bemüht. Er hat brav dreimal die Woche Einzelverträge für jede Veranstaltung unterschrieben - einen Dauervertrag bekam er nicht. Er hat sich für jeden Veranstaltungsabend mit einer Extragenehmigung den Schlüssel beim Pförtner geholt. Er hat erst einmal, dann zweimal und zuletzt sogar dreimal im Monat mit seinen Helfern die „Rote Ratte“ geräumt – alle Bilder von den Wänden genommen, jeden Samtfetzen aufgerollt – damit das Musicaltheater dort eigene Parties feiern kann.

Laut Vertrag ist das auch so geregelt. Christian Zurwellen muss die „Rote Ratte“ von heute auf morgen verlassen, wenn das Theater die Räume braucht. Der Rausschmiss über Nacht – besser gesagt über Mittag – war also durchaus legitim. „Wir haben ihm den Raum kostenfrei überlassen und ihn ein halbes Jahr unterstützt. Irgendwann muss man aber Konsequenzen ziehen“, meint Meyer-Brede. Es tut ihm zwar furchtbar leid, denn „solche Verrückten wie Zurwellen braucht man eigentlich“, momentan hat das Musicaltheater aber mit dem Verkauf von Jekyll und Hyde genug zu tun. Die „Rote Ratte“ ist nur ein „liebenswerter Nebenschauplatz“.

Susanne Polig

Alle Märztermine der „Blue Moon Bar“ sind gestrichen. Die Lush-Live-Party am 16. März findet aber statt und zwar beim Jungen Theater im Güterbahnhof, Tor 48.