Krisengerüchte in Japan

Äußerungen des Finanzministers, der Haushalt stehe kurz vor dem Kollaps, führten zu Kursverlusten

BERLIN/TOKIO taz/dpa ■ Für Verwirrung an den Finanzmärkten sorgten gestern Hiobsbotschaften aus Japan. Die Staatsfinanzen stünden kurz vor dem Zusammenbruch, zitierten Nachrichtenagenturen den japanischen Finanzminister Kiichi Miyazawa. Aus japanischen Medienkreisen hieß es dagegen, der Minister sei falsch übersetzt und aus dem Zusammenhang herausgerissen zititert worden. Dennoch sackte die Währung im Vergleich zum Dollar zeitweise bis auf 120,4 Yen ab – Tiefststand seit 20 Monaten.

Japan hat den höchsten Schuldenberg unter den Industriestaaten angehäuft. Um die schwache Konjunktur anzukurbeln, pumpt die Regierung seit rund zehn Jahren hunderte von Milliarden in den Bau von Straßen und anderen Projekten. Dies hat dazu geführt, dass sich die Staatsverschuldung bis nächstes Jahr auf gigantische 666 Billionen Yen (11,6 Billionen Mark) belaufen wird – rund 130 Prozent des Bruttoinlandsprodukts. Dennoch wird eine neue Rezession befürchtet: Die Aufträge für Maschinen sanken im Januar um 11,8 Prozent. Der private Konsum ist nach wie vor zu schwach.

An der Tokioter Börse gab der Nikkei-Index für 225 führende Werte am Donnerstag um 0,58 Prozent auf 12 650,56 Punkte nach. Experten meinen allerdings, gefährlich würde es erst, wenn der Wert unter die 12.000-Punkte-Marke sinke. Mit Spannung wird heute ein Notpaket der Regierungskoalition zur Stützung der japanischen Börse und Wirtschaft erwartet. In der vergangenen Woche war der Nikkei auf den tiefsten Stand seit mehr als 15 Jahren gestürzt.

Zum niedrigsten Kurs des Yen seit 20 Monaten sagte Miyazawa, es sei akzeptabel, wenn sich der – überbewertete – Yen auf natürlichem Wege abschwächen würde. Interventionen würden jedoch nicht erwogen. Der Gouverneur der Zentralbank, Masaru Hayami, hatte zuvor Spekulationen über Yen-Verkäufe angeheizt. KK