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„Fehler mach ich lieber selbst“

Lasset alle Hoffnung fahren? Elsa und Peter F. haben sich ein Haus gebaut: Sie würden es jederzeit wieder tun  ■ Von Gernot Knödler

Ein Haus selbst zu bauen, ist eigentlich unökonomisch. Es dauert eine Ewigkeit, bis die Heimwerkerin den Kniff einer Arbeitstechnik entdeckt hat. Ein Laie braucht für denselben Arbeitsgang dreimal solang wie ein Handwerker. Bloß Fehler machen HandwerkerInnen genauso wie normale Menschen. Das zumindest ist die Erfahrung von Elsa F., die im vergangenen Jahr zusammen mit ihrem Mann Peter einen 120-Quadratmeter-Anbau zum Haus ihrer Großmutter hochgezogen hat.

Für die Eltern einer einjährigen Tochter waren es neben der Herausforderung auch finanzielle Gründe, die sie bewogen, einen großen Teil der Arbeiten selbst zu erledigen. Weil sich damit ihr Eigenkapital erhöhte, haben sie für etwa 25.000 Mark Eigenarbeit geleistet und ihre normalen Jobs dafür auf die Hälfte redzuiert. Der Rest kostete dann immer noch 260.000 Mark – ohne Grundstück.

Wer sich in so ein Abenteuer stürzen wolle, müsse sich drei Dinge klar machen, findet Elsa: „Dass es niemanden gibt, der einem hilft, dass es extrem viel Arbeit ist und dass Termine nie hinhauen.“ Um es theologisch auszudrücken: „Lasset alle Hoffnung fahren.“ Ist diese psychologische Grundlage gefestigt, wird sich herausstellen, dass doch ab und zu mal jemand zum Helfen kommt, und dass der Bauherr zu Überwachungszwecken ohnehin möglichst häufig auf der Baustelle sein sollte. „Im übrigen ist es einfach großartig!“, schwärmt Elsa.

Das beginnt bei der Finanzierung, die sich für sie noch als die einfachere Übung erwiesen hat: Elsa empfiehlt zur Vorbereitung die eintägigen Seminare der Verbraucher-Zentrale und deren Angebot, Bau- und Kreditverträge zu prüfen. Letzteres kostet zwar mehr als 100 Mark, lohnt sich ihrer Ansicht nach aber trotzdem.

Es folgt die Feilscherei mit den Banken. „Ich habe vier Berater verschlissen“, erzählt die junge Frau. Mit den männlichen Beratern habe die Chemie nicht gestimmt und auch über deren Informationen habe es des öfteren Missverständnisse gegeben. Sie ging deshalb dazu über, die Gespräche zu protokollieren und unterzeichnen zu lassen. „Das ist ja im Prinzip ein verbindliches Gespräch, was man führt“, rechtfertigt sich Elsa. Da muss eine Unterschrift drin sein. Ihr Tipp an dieser Stelle: Sich von der Bank Sondertilgungsmöglichkeiten einräumen lassen. Für ökologische Projekte wie das Niedrig- Energie-Haus der Familie F. gibt es außerdem besondere Kredite von der Umweltbank in Nürnberg – je ökologischer, desto günstiger.

Die zweite Anlaufstelle für Geld ist der Staat. Er zahlt acht Jahre lang 5000 Mark Eigenheim-Zulage für Neubauten, für Altbauten die Hälfte. Für jedes Kind gibt es 1500 Mark zusätzlich. Die Investitionsbank des Landes Schleswig-Holstein oder die Wohnungsbau-Kreditanstalt (WK) in Hamburg bieten Geringverdienern zinsgünstige Kredite an. Für ökologisch korrekte Häuser gibt es Extra-Zuschüsse: Der Staat zahlt 400 Mark pro Jahr für ein Niedrig-Energie-Haus und übernimmt einen kleinen Teil der Investitionskosten für die ökologische Haustechnik.

Steht die Finanzierung, kann es mit dem Bauen losgehen. Elsa und Peter haben Wasser, Abwasser, Heizung, Strom und Belüftung selbst installiert. Peter ist allerdings Elektriker. Sie haben die Innenwand mit Dampfbremspapier überzogen, Wände, Decken und Schrägen mit Rigips beplankt und kiloweise Schrauben eingedreht.

Dabei stießen sie in ungeahnte Dimensionen vor. „Als wir das erste Mal 1000 Schrauben kauften, dachten wir, das sei ein Berg“, erzählt Peter. „Nachmittags waren keine mehr da.“ Bei diesen Mengen lohne es sich zum einen, Qualitätswerkzeug zu kaufen oder auszuleihen, und zum anderen, Preisvergleiche anzustellen. Der Gang zum Baumarkt lohnt sich nach Peters Erfahrung häufig nicht. Er empfiehlt, die Handwerker nach ihren Bezugsquellen zu fragen.

Die Arbeit selbst war für den Elektriker Peter ebenso befriedigend wie für die Ärztin Elsa. „Mir bringt es total viel Spaß, mal was anderes zu arbeiten“, sagt Peter, den es freut, etwas Ganzes zu machen, das er hinterher betrachten kann. Seine Elektro-Installationen liegen ja zum größten Teil unter Putz.

„Ich hab' noch nie vorher was Handwerkliches gemacht“, sagt Elsa, die sich jetzt darüber freut, dass sie ein verstopftes Abflussrohr nicht schrecken kann, weil sie weiß, wo sie das Rohr verlegt hat. Dazu kommen die Gestaltungsmöglichkeiten, die sich dem eröffnen, der selbst Hand anlegt: „Ich kann mir einen Raum erst vorstellen, wenn ich drin stehe“, sagt Elsa. Die Verteilung der Steckdosen zum Beispiel ein Jahr im Voraus blind festlegen zu müssen, kann sie sich nicht vorstellen.

Insgesamt glaubt sie sich in einem solchen Heim viel eher zu Hause fühlen zu können als in einem schlüsselfertig gelieferten Haus. Und wenn etwas schiefgeht, dann sei auch das leichter zu ertragen. „Ich mach' die Fehler lieber selber“, sagt Elsa.

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