Das Loch ist das Primäre

Mühlenberger Loch droht zur Blamage für Deutschland zu werden. Ramsar-Sekretariat fordert Baustopp bis 2002  ■ Von Gernot Knödler

Die geplante Teilzuschüttung des Mühlenberger Lochs scheint zu internationalen Verwicklungen zu führen. Das Sekretariat der Ramsar-Konvention, nach der die Finkenwerder Elbbucht geschützt ist, hat die Pläne in einem Brief an das Bundesumweltministerium Mitte Februar deutlich kritisiert. Die Bucht dürfe nicht zugeschüttet werden, bevor das Vorhaben auf der nächsten Vertragsstaaten-Konferenz im Jahr 2002 diskutiert worden sei, heißt es in dem Schreiben, das der taz hamburg vorliegt. Unterdessen hat der schwedische Europaabgeordnete Andres Wijkman (EVP) bei der europäischen Kommission angefragt, ob die Bundesregierung in puncto Mühlenberger Loch unzulässigen Druck auf die Kommission ausgeübt habe. Das teilte die Umweltorganisation Ifaw gestern mit.

Die Ramsar-Konvention zum Schutz international bedeutender Feuchtgebiete ist 1971 in der gleichnamigen iranischen Stadt beschlossen worden. 123 Länder, darunter Deutschland, sind ihr beigetreten. Sie haben insgesamt 1000 Gebiete gemeldet, 30 davon Deutschland, als jüngstes 1992 das Mühlenberger Loch. Ifaw zufolge ist es erst einmal vorgekommen, dass ein Ramsar-Gebiet beschnitten wurde. „Der internationale Gesichtsverlust für Hamburg wiegt den Prestige-Gewinn durch die Auslieferung des A 380 auf“, urteilt die Umweltorganisation.

Ramsar-Generalsekretär Delmar Blasco kritisierte die diplomatisch unangemessene Kommunikation der Bundesregierung mit dem Sekretariat der Konvention und die zweifelhafte Begründung eines angeblich „dringenden nationalen Interesses“ der Bundesrepublik.

Die vorgeschlagenen Ausgleichsmaßnahmen zerpflückte Blasco im Detail: Die Bundesregierung habe sich nicht über die indirekten Auswirkungen der Verfüllung des Mühlenberger Lochs geäußert, so dass es schwer sei festzustellen, was an Ausgleich nötig sei. Sie habe keinerlei alternativen Ausgleichsgebiete genannt. Die Unterlagen zu den Ausgleichsvorschlägen ließen keine Bewertung der Erfolgsaussichten zu. Es seien keine Prognosen und Modelle darüber vorgelegt worden, wie sich der Ausgleich auswirken werde. Die Hörner Au sei ungeeignet, die Summe der Ausgleichsflächen insgesamt zu klein, der Ausgleich komme zu spät. Eine Erfolgskontrolle sei nicht vorgesehen. Alles in allem seien die Vertragsstaaten wesentlich besser zu informieren.

Auf EU-Ebene will der Abgeordnete Wijkmann klären, ob die EU-Kommission die gebotene Unabhängigkeit von nationaler Einflussnahme gewahrt hat. Diese hatte eine Ausnahmegenehmigung für die Zuschüttung des Mühlenberger Lochs erteilt, nachdem sich Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) dafür eingesetzt hatte.