Kein Schwätzchen am Morgen

■ Ein „Concierge“ wacht über die Hochhäuser an der Grohner Düne – doch die Anonymität bleibt

„Anonymität raus und positive Impulse rein“ – so stellt sich Carsten Lüßmann, Geschäftsführer der Neuen Heimat GmbH, die Zukunft der frisch renovierten Hochhäuser an der Grohner Düne vor. Und damit dabei auch alles in den geregelten Bahnen der Investoren verläuft, wacht seit neuestem ein Concierge über Ruhe und Ordnung in der Friedrich-Klippert-Straße 16 in Vegesack – 24 Stunden am Tag, sieben Tage in der Woche. „Das Brandmal Grohner Düne wird sich endlich positiv wenden“, verkündete Lüßmann und auch Innensenator Bernt Schulte glaubt an den guten „Wohnwert“.

Wer bei „Concierge“ jedoch an Pariser Bürgerhäuser und einen Schwatz am Morgen denkt, ist auf dem Holzweg. Der Vegesacker Concierge ist lediglich für die Monitorüberwachung des Komplexes engagiert. „Er“ besteht aus drei Personen, die jeweils zwölf Stunden Schicht schieben und bei Problemen aller Art die Polizei rufen. Alle drei sind Mitarbeiter einer Bremer Sicherheitsfirma. Den Job an Mieter zu vergeben, wäre schon deshalb unklug gewesen, weil so einzelne Parteien begünstigt werden könnten, spekuliert einer der Ordnungshüter. Platzhirschen soll vorgebeugt werden. Die Mieter beäugen den Wachmann daher mit einer Mischung aus Respekt und Neugier.

Sicherheit sei wahrscheinlich nicht der erste Gedanke, wenn die Mieter in sehen würden, vermutet der Diensthabende, der vorher 20 Jahre im Werkschutz tätig war, „die fühlen sich überwacht. Als wir hier angefangen haben, wurde oft über die Schulter auf die Kamera geschielt, wenn ein Mieter den Müll wegbrachte.“ Der Kontakt zu den Bewohnern will sich für ihn denn auch nicht so recht einstellen. Viele schieben sich an dem Glaskasten vorbei ohne den Blick zu heben. Angesprochen auf ihren bezahlten „Nachbarn“ zucken sie mit den Schultern. Sei schon besser so. Sicherer? Mal schauen.

Auch die Arbeitssituation des Concierge ist nicht dazu angetan, Berührungspunkte zu schaffen. Der Wachmann bleibt während seiner Schicht im Büro; kommuniziert wird mit den Mietern über ein Fenster. „Die Bewohner wollen unter sich bleiben“, seufzt er resigniert und wendet sich wieder seinem Golf-Handicap auf dem PC zu.

Dem sozialen Miteinander in den Hochhäusern soll anders auf die Sprünge geholfen werden: Parallel zum Concierge nahm eine Sozialarbeiterin ihren Dienst in der Grohner Düne auf. Erika Storck-Treudlers Ziel ist, dass „die Bewohner ins Gespräch miteinander kommen und sich den anderen Kulturen öffnen.“ Sie sieht sich als Koordinationsstelle, die die Mieter und ihre Ideen einbeziehen will, um die Anlage attraktiver zu gestalten. „bisher wurden die Leute hier doch kaum integriert.“ Die Renovierung wertet sie als positives Zeichen – auch in Richtung Bewohner des Hauses Nummer 16: „Die Bewohner erleben den Aufbau des Hauses als persönliche Wertschätzung.“

Die Sozialarbeiterin kennt die Grohner Düne noch aus den 90er Jahren und erinnert sich gut an die damalige Misere. Sie lobt das positiv veränderte Erscheinungsbild. Früher sei hier „immer Müll“ gewesen. Jetzt nähmen die Bewohner auch weitere Wege in Kauf, um Abfall zu entsorgen. „Es ist sauber, die Bewohner können Besuch empfangen und bleiben lieber.“ Ähnliches sagt auch die Gewoba-Statistik. „Die Lehrstände der Wohnungen stagnieren zwar auf hohem Niveau“, formuliert Frank Oetjen, stellvertretender Geschäftsbereichsleiter. Die Fluktuation in der Düne sei aber spürbar zurückgegangen.

18,5 Millionen Mark hat sich die Neue Heimat die Investition kosten lassen, um die Düne nach vorne zu bringen. 13,5 Millionen Mark davon wurden ohne öffentliche Gelder finanziert. Etwas handfester ausgedrückt sind das 1.500 Heizungen, 110 Wintergärten, neue Dämmungen, Fahrstühle und Gartenanlagen. Geschäftsführer Lüßmann verkündete denn auch stolz, „dass jeder Mieter hier etwas findet. Sonst hieß es ja immer 'Da wohnt der Rest, den man sonst nirgends mehr unterkriegt'. Jetzt bieten wir vom Single bis zur Großfamilie jedem etwas.“ Ob sich dieser Optimismus auch auf Mieter und – wichtiger für die Betreiber und Investoren – auch auf neue Kundschaft überträgt, wird die Zukunft zeigen. Julia Kammigan