Zündeln in der Feuerzone

Albanische Guerillas entfachen an den Grenzen des Kosovo zu Südserbien und Makedonien neue Kämpfe. Die KFOR kann das Gebiet nicht kontrollieren

aus Belgrad ANDREJ IVANJI

Die Chancen für eine friedliche Lösung der Krise im Süden des Balkans werden immer geringer. Nach heftigen Gefechten in Makedonien bei dem Dorf Tanusevci (Tanushec) an der Grenze zum Kosovo zwang die makedonische Armee bewaffnete albanische Extremisten zum Rückzug. Ein Gegenschlag albanischer Rebellen erfolgte schon am Mittwoch. Laut makedonischen Polizeiangaben versuchen die Freischärler jetzt, sich in den benachbarten Dörfern Brest und Malina festzusetzen. Viele Bewohner der Region fliehen aus dem Gebiet. Sporadische Kämpfe reißen nicht mehr ab.

Die makedonische Regierung unterzeichnete deshalb ein militärisch-technisches Abkommen mit Bulgarien. Sofia will dem Nachbarstaat die notwendige Munition und militärische Ausrüstung für einen eventuellen Krieg zur Verfügung stellen. Skopje forderte vom UN-Sicherheitsrat die Einrichtung einer Pufferzone auf beiden Seiten der Grenze zum Kosovo.

Auch im Süden Serbiens und im Kosovo nimmt die Gewalt immer größere Ausmaße an. Seit Anfang der Woche kamen drei jugoslawische Soldaten und ein Polizist in der Pufferzone Südserbiens ums Leben. Heftige Kämpfe wurden am Freitag nahe der Stadt Bujanovac geführt. Im serbischen Teil der ethnisch getrennten Stadt Mitrovica wurde ein Wagen der UNO gesprengt.

Laut dem Abkommen von Kumanovo, das im Mai 1999 die Luftangriffe der Nato auf Jugoslawien beendete, darf die jugoslawische Armee weder die Pufferzone noch das Kosovo betreten. In der Sicherheitszone dürfen sich lediglich serbische Polizisten mit „persönlicher Bewaffnung“ bewegen. Verantwortlich für die Sicherheit in der Region ist die im Kosovo stationierte Friedenstruppe KFOR, die der allmählichen Eskalation der Gewalt seit einem Jahr tatenlos zuschaut.

Das unter den Druck der serbischen Öffentlichkeit geratene Belgrad fordert von der Nato und dem UN-Sicherheitsrat die dringende Abschaffung der Pufferzone, was den serbischen Sicherheitskräften ermöglichen sollte, das Terrain von der militanten albanischen „Befreiungsarmee des Presevo, Medvedja und Bujanovac“ UÇPMB zu „säubern“, die für die Angliederung Südserbiens an das Kosovo kämpft. Die rund 4.000 schwer bewaffneten Kämpfer der UÇPMB würden die Pufferzone ausnutzen, um sich in aller Ruhe auf einen Krieg im Frühjahr vorzubereiten, sagte der jugoslawische Bundesinnenminister Zoran Zivković. Makedonien unterstützte die serbische Initiative.

Die Nato zögert. Einerseits ist die Situation in Südserbien und Makedonien unhaltbar, andererseits würde die allmähliche Abschaffung der fünf Kilometer breiten Pufferzone entlang der Grenze zum Kosovo unumgänglich zur frontalen Auseinandersetzung serbischer Spezialeinheiten und der UÇPMB führen. Eine Flüchtlingswelle wäre nicht aufzuhalten.

Nato-Generalsekretär George Robertson genehmigte immerhin vorsichtig die Abschaffung eines schmalen Streifens der Pufferzone im Dreieck zwischen Makedonien, Serbien und dem Kosovo (siehe Karte, Sektor C-Ost). Eine koordinierte Aktion der makedonischen und jugoslawischen Streitkräfte und der KFOR sollten schon bald die Sicherheit des Gebiets ermöglichen und die Manövrierfreiheit der UÇPMB einschränken.

Die Staatengemeinschaft hat sich entschlossen, auf die Gewalt der albanischen Rebellen mit Gewalt zu antworten. Die Empörung der Albaner löst vor allem die Tatsache aus, dass sich jugoslawische Sondereinheiten in der Pufferzone unter dem direkten Kommando der KFOR befinden werden, der ihren Einsatz sogar auf einem Teil des Kosovo an der Grenze zu Makedonien vorsieht.

Die Strategie der Nato ist einleuchtend. Wenn schon gekämpft werden muss, dann sollen makedonische und jugoslawische Soldaten die schmutzige und gefährliche Arbeit erledigen und sich mit den gut organisierten albanischen Extremisten konfrontieren. ANDREJ IVANJI