Poppige Sperrigkeit

Wie alle Helden des guten alten Indierocks, findet auch Calvin Johnson gerade Solo zu neuer Höchstform. Der einzig wahre Indie-Mythos spielt morgen in Berlin

Was aus Nirvana geworden wäre, wenn Kurt Cobain sich damals nicht die Flinte an den Schädel gesetzt hätte, kann nur vermutet werden. Man könnte jedenfalls gerade mit seinem Solo-Comeback rechnen. Damit sind sie derzeit alle beschäftigt, die Helden aus der guten alten Indierockzeit. J Mascis von Dinosaur Jr., Steven Malkmus von Pavement und nun auch Calvin Johnson von Beat Happening, alle finden im Alleingang nochmals zu neuer Hochform.

Mit Johnsons Wiederkehr wird das Gedenken an den einzig wahren Indie-Mythos in dieses Jahrtausend transportiert. Kaum einer personifiziert ihn wie Calvin Johnson. Das liegt einerseits an seinen Bands Beat Hapening, Dub Narcotic Sound System und Halo Benders. Mit diesen ist er seit Mitte der Achtziger dabei, Punk-Gestus mit Niedlichkeit und poppiger Sperrigkeit zu verbinden. Die Reduzierung der Mittel und der Anti-Rockstar-Gestus in Calvin Johnsons Bands wurde prägender Einfluss für Legionen von nachfolgenden Indie-Bands. K-Records ist der andere Grund für Johnsons Legendenstatus. Auf Johnsons Washingtoner Label erschienen Platten von Bands wie Mecca Normal, Melvins, Half Japanese, Bikini Kill und sogar Beck. Während sich andere Indie-Labels immer wieder Ausverkaufsvorwürfe anhören mussten, gilt K-Records als einer der letzten unkorrumpierbaren Anti-Mainstream-Läden dieser Welt.

Was genau Calvin Johnson bei seinem Solo-Auftritt in Berlin zum Besten geben wird, ist noch nicht mal den Veranstaltern selber ganz klar. Man weiß nur, dass er sich auf sich selbst und seine Gitarre beschränken wird. Und natürlich auf seine großartig tiefe Gänsehaut-Stimme.

ANDREAS HARTMANN

Morgen, 22 Uhr, Studio Berlin Mitte, Dircksenstraße 37, Mitte