unterm strich
:

Eigentlich hätte Edward Said bei dem jährlichen Treffen der Sigmund-Freud-Gesellschaft über die Beschäftigung Freuds mit den antiken Kulturen Ägyptens, Palästinas und Griechenlands sprechen sollen. Doch die Rede wird nicht stattfinden. Die Gesellschaft hat Said, der an der Columbia-Universität in New York Professor für Literaturwissenschaft ist, wieder ausgeladen. In einem Schreiben an Said hieß es, der Grund sei die „politische Entwicklung im Nahen Osten“. Die Formulierung ist allerdings nur vor dem Hintergrund eines Fotos zu verstehen, das im letzten Sommer von den Nachrichtenagenturen verbreitet wurde. Es zeigte Edward Said, wie er an der libanesisch-israelischen Grenze einen Stein in Richtung eines befestigten Wachpostens der israelischen Armee schmiss.

Das Bild hatte zu scharfen Protesten geführt. Said hatte sich damit verteidigt, dass der Steinwurf eine „symbolische Geste der Freude“ zum Ende der israelischen Besatzungszeit gewesen sei – kein Mensch sei in der Nähe und der Wachposten „mindestens eine halbe Meile entfernt“ gewesen. Nichtsdestotrotz teilte der Vorstand der Freud-Gesellschaft nun mit, dass sich eine große Zahl ihrer Mitglieder gegen eine Einladung an einen Palästinenser ausgesprochen hätten, der Steine gegen israelische Soldaten wirft: Die Entscheidung sei mit Rücksicht auf die Besorgnisse der österreichischen Juden gefallen, die einem „pronationalsozialistischen Klima“ und einwanderungsfeindlichen Sprüchen Jörg Haiders ausgesetzt seien, erklärte Johann August Schülein, Präsident der Freud-Gesellschaft. Edward Said kommentierte die Ausladung in der gleichen Stimmlage: „Freud wurde aus Wien vertrieben, weil er Jude war“, sagte er gegenüber der New York Times, „jetzt werde ich vertrieben, weil ich Palästinenser bin.“ Inzwischen hat das Freud Museum in London Edward Said eingeladen, seine Rede dort zu halten.

Gestern wurde der Vertrag unterzeichnet: Von der Spielzeit 2001/2002 an werden Udo Zimmermann als Generalintendant und Christian Thielemann als Generalmusikdirektor (GMD) die Deutsche Oper Berlin leiten. Thielemann hatte im November 1999 bekannt gegeben, dass er seinen 2001 endenden Vertrag nicht verlängern werde. Grund: Der für 2001 als Generalintendant der Deutschen Oper berufene Udo Zimmermann habe ihm in einem Brief mitgeteilt, dass er auch in musikalischen Fragen die letzte Entscheidung haben wollte. Es gab Streit. Im Januar 2001 bot Zimmermann Thielemann dann einen Vertrag an, „der weit über das klassische GMD-Modell hinausgeht“, sagte der Intendant.