Spielregeln für Fusionopoly

Gesetzentwurf: Die Bundesregierung will Firmenübernahmen transparenter machen. Aktionärsvereinigung und Gewerkschaften sind noch nicht zufrieden

BERLIN taz ■ Aktionäre können sich auf 2002 freuen: Dann sollen sie bei Übernahmen besser durchschauen können, was passiert. Das Bundesfinanzministerium hat am Montag einen Entwurf für ein entsprechendes Gesetz vorgelegt, das erstmals Regeln für öffentliche Aktienkaufangebote vorgibt. Das Übernahmegesetz soll noch im Sommer durch die Instanzen gehen und zum Januar in Kraft treten. Denn ab da gilt die Steuerbefreiung von Gewinnen aus Beteiligungsverkäufen, die Finanzminister Hans Eichel (SPD) den Konzernen bei der Steuerreform geschenkt hat. Sie wird vermutlich ein Fusionskarussell in Gang setzen.

Nach dem Gesetzentwurf müssen Anleger eines Unternehmens, das Ziel eines Übernahmeversuches ist, auf Deutsch über Angebot und Finanzierung und darüber, wie der Bieter nach einem erfolgreichen Abschluss da stehen würde, informiert werden. Zudem ist der Käufer verpflichtet, allen Aktionären ein Angebot zu machen, sobald er mehr als 30 Prozent der Anteile besitzt – jeder soll rechtzeitig aussteigen können. Hat er 95 Prozent zusammen, kann er verlangen, dass ihm auch die restlichen 5 Prozent verkauft werden – gegen bar. Sonst gelten Aktien des eigenen Unternehmens als ausreichendes Zahlungsmittel.

Der gebotene Preis muss dem höchsten entsprechen, den der Interessent zuvor für Aktien des gleichen Unternehmens gezahlt hat. Hat er die Anteile jedoch nicht über die Börse gekauft, ist ein Abschlag von bis zu 15 Prozent möglich – der Finanzminister geht davon aus, dass beim Kauf ein Paketzuschlag fällig wurde.

Auch für das Zielunternehmen sind Regeln geplant. So hat der Vorstand gegenüber den Aktionären Stellung zu beziehen. Dabei muss die Position des Betriebsrats deutlich werden. Er darf versuchen, eine Übernahme zu verhindern, indem er ein Gegenangebot einholt. Und er darf eine Hauptversammlung einberufen, die weitere Maßnahmen beschließt. Diese muss nicht am Unternehmenssitz stattfinden.

„Der Best Case ist der Entwurf nicht“, sagte Ulrich Hocker, Hauptgeschäftsführer der Deutschen Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz der taz. Dazu sei die Schwelle für das Pflichtangebot zu hoch. Auf Hauptversammlungen reichten meist 25 Prozent Beteiligung, um das Sagen zu haben. Auch die Einrechnung des Paketzuschlags beim Preis sei nicht fair. Alle Aktionäre müssten gleich viel für ihre Anteile bekommen. Und der Zwangsverkauf ab 95 Prozent sei ein Eingriff ins Eigentumsrecht. „Das wird das Verfassungsgericht noch prüfen müssen.“

Auch DGB-Vorstandsmitglied Heinz Putzhammer war nicht zufrieden. Er bemängelte, dass der Aufsichtsrat, in dem auch Arbeitnehmervertreter sitzen, als Kontrollorgan bei der Entscheidung über Abwehrmaßnahmen außen vor bleibe. BEATE WILLMS