Land in 60 Stücken

Die jüngsten Blockaden haben die palästinensischen Orte voneinander isoliert

JERUSALEM taz ■ Eine „Situation wie in Gefangenenlagern“, nannte es Mustafa Barghouti gestern vor Journalisten in Jerusalem. Der Chef des palästinensischen „Instituts für Gesundheit, Entwicklung, Information und Politik“ (HDIP) erklärte, seit der jüngsten israelischen Blockaden sei das palästinensische Gebiet „in 60 Sektionen geteilt“, sämtliche Dörfer und Städte voneinander isoliert.

Die Blockade hat Auswirkungen auf fast alle Bereiche des palästinensischen Lebens. Von den nur noch gut 50 Prozent berufstätigen Palästinensern konnte in den vergangenen Tagen „nur ein Zehntel die Arbeitsstellen erreichen“, berichtete Barghouti. Die wirtschaftliche Lage sei in 34 Jahren Besatzungszeit niemals schlimmer gewesen. Fast 100.000 Schüler konnten zudem nicht zur Schule gehen. Bedrohlich sei vor allem die medizinische Lage. Mehr als zehn Menschen, die aufgrund der Straßenblockaden nicht rechtzeitig ins Krankenhaus kamen, starben buchstäblich auf der Straße, darunter eine 29-jährige Frau bei der Geburt ihres Kindes. Ferner wurden alle Impfungen ausgesetzt. „Die Folgen werden auch Israel und die gesamte Region treffen“, meinte der Arzt und warnte vor drohenden Seuchen. Der einzige Ausweg aus der Misere sei internationaler Schutz.

An der Hauptstraße von Ramallah nach Jerusalem durften gestern nur Fahrzeuge mit israelischem Kennzeichen die Sperren passieren. Den palästinensischen Sammeltaxis blieb die Durchfahrt weiterhin verboten, sodass die Fahrgäste zu Fuß den Kontrollpunkt passieren mussten. SUSANNE KNAUL