Armee rückt in Südserbien ein

Jugoslawische Soldaten beziehen Position in der Grenzregion zum Kosovo. Der Einmarsch verläuft zunächst friedlich. Doch die Albaner bleiben misstrauisch. Jetzt muss die Regierung in Belgrad Bereitschaft zum Dialog unter Beweis stellen

aus Preševo ERICH RATHFELDER

„Ruhig und ohne Zwischenfälle“ sei alles verlaufen, sagt die Dame im Pressezentrum von Bujanovac. Die Erleichterung ist den serbischen Offiziellen, die sich hier eingefunden haben, anzusehen. Es wurde nicht geschossen, als die jugoslawische Armee in die von der Nato bestimmte Region der demilitarisierten 5-Kilometer-Zone an der serbischen Grenze zum Kosovo wieder einrücken durfte.

Die Soldaten waren gestern früh südlich der Stadt Preševo vorgerückt. „Schlag sechs ging es los,“ berichtet einer der jungen Serben, der damit beschäftigt ist, ein Barackenlager für die Armee aufzubauen. Djakonovac heißt der Ort. Hier leben vornehmlich Serben. 40 Familien sind es. Jovan P., ein sechzigjährige Bauer, steht vor seinem Anwesen, blickt nach den Bergen und hofft darauf, dass es nun mir gibt, Frieden. Denn in diesen Bergen saßen noch vor kurzem die Kämpfer der albanischen Befreiungsbewegung UÇPMB.

Heute verhalten sie sich ruhig. Ganz gemäß dem Waffenstillstandsabkommen, das zwischen den internationalen Friedenstruppen im Kosovo, KFOR, und der UÇPMB abgeschlossen wurde. Mit diesem Abkommen wurde das Vorrücken der jugoslawischen Armee in dieses Grenzgebiet überhaupt erst möglich gemacht. Und es soll einen Friedensprozess einleiten, an dem die internationale Gemeinschaft, die Regierung in Belgrad und die Albaner, die hier in der Region leben, beteiligt werden sollen. Die jugoslawische Armee und die serbischen Polizeikräfte mussten versprechen, sich „zivil“ und gemäß internationalen Standards zu verhalten.

In dem von 800 Albanern bewohnten Dorf Miratovac (Miratoc), das kaum drei Kilometer von dem serbischen Dorf entfernt liegt, sind die Leute aufgeregt. Als am Morgen Polizei und Armee in das Dorf kamen, nahmen sie als Sammelpunkt den Vorhof der Schule. Die Kinder bekamen Angst, als die bewaffneten Männer, die Jeeps und die Mannschaftswagen anrückten. Die meisten waren jedoch mit ihren über 40 Jahren über das Alter einfacher Rekruten hinaus. Sofort kam es zu einem Zwischenfall. Nachdem der Direktor der Schule, Suliman Sabani, den verängstigten Schülern freigestellt hatte, nach Hause zu gehen, wurde einer der Schüler, der 14-jährige Rexhep Mehmeti, von einem Milizionär bedroht, indem dieser sein Messer an den Hals des Jungen setzte.

Der Vorfall hat in den Augen der Dorfbewohner die Befürchtungen über das Verhalten der serbischen Soldaten bestätigt. Immerhin kam mit Vizepremierminister Nebojsa Cović schon einen Stunde später ein hoher Politiker aus Belgrad ins Dorf und redete mit den Menschen.

Doch das Misstrauen der Albaner sitzt tief. Und als wieder ein Konvoi von Soldaten durch das Dorf fährt, regen sich die Menschen auf. „Sie brauchen nicht hier zu patrouillieren, das können sie doch an der Grenze tun“, beklagen sie sich. Und dass eine serbische Politikerdelegation sich am letzten Sonntag weigerte, mit den albanischen Autoritäten vor Ort zu sprechen, hat jene verwirrt, die an einen politischen Dialog zwischen der albanischen Bevölkerungsmehrheit und den serbischen Behörden unter internationaler Aufsicht geglaubt hatten.

Riza Hamiti, der gewählte Präsident der Region, möchte dennoch optimistisch bleiben. Er hofft, dass die Versprechungen, neben dem militärischen auch einen zivilen Friedensprozess zu beginnen, verwirklicht werden.

Bisher aber ist davon noch nicht viel zu spüren. „Die Mentalitäten der serbischen Polizei und der Armee können sich so schnell nicht verändern“, hatte schon am Vortag der ehemalige Premierminister des Kosovo, Bujar Bukoshi, in Prishtina behauptet. Doch die Belgrader Führung muss in einen Dialog eintreten, sie muss vor aller Welt beweisen, dass sie den Friedensprozess ernst nimmt. Vizepremier Nebojsa Cović hat dieser Tage viele zu tun in Preševo, um Zwischenfälle zu verhindern.