Blick über den Tellerrand

■ Ein leckeres Austauschprogramm: Kochazubis aus England rühren in Bremer Hotelkochtöpfen. Ein Nachmittag in der Küche des Marriot Hotels am Hauptbahnhof

Während Julie und Claire Shrimps auf Holzspieße stecken, kocht Richard Langustinos in Fenchel-Zitronensud, Vorbereitungen für das à la Carte-Geschäft am Abend. Der Umgang mit Meeresfrüchten ist für die drei Kochazubis noch ungewohnt. „Zu Hause machen wir eher traditionelle Sachen, Roast Beef und Yorkshire Puddings, aber auch Lachs und Scholle“, erzählt Claire. Zu Hause, das ist die kleine Stadt Huddersfield im englischen Yorkshire. An der dortigen Berufsschule lernen die drei die gehobene englische Küche. Wie man in Deutschland kocht, wollen sie während ihres Praktikums in Bremen erfahren.

Große Unterschiede konnte Claire bisher nicht ausmachen. „Salz, Pfeffer, verschiedene Kräuter, eigentlich wie bei uns,“ sagt die 19-Jährige. „Nur dass alles viel größer ist, die Töpfe, die Pfannen, sogar die Waagen.“ Rund 1.800 Essen werden allabendlich in der Küche des Marriot zubereitet. Kein Vergleich zu dem kleinen Schulrestaurant zu Hause in Huddersfield. „Hier muss alles viel schneller gehen, die Gäste wollen ihr Essen in zehn Minuten auf dem Tisch haben,“ sagt Claire. „In der Schule haben wir zwar auch zahlende Gäste, aber sie wissen, wir sind ein Ausbildungsbetrieb, und da sehen sie einiges nach.“

Seit 1992 kommen angehende Köche und Köchinnen aus Huddersfield nach Bremen und umgekehrt. Finanziert werden die Aufenthalte durch Austauschprogramme der Europäischen Union. Dort hat man längst erkannt, dass Auslandserfahrungen nicht nur für Gymnasiasten und Studenten wichtig sind, sondern auch für Auszubildende. „Besonders im Gastgewerbe geht die Fluktuation über die Grenzen hinweg, und da ist es wichtig, über den eigenen Tellerrand zu gucken“, sagt Dieter Mensen von der Berufsschule für das Nahrungsgewerbe am Schulzentrum Rübekamp, der die EU-Programme betreut.

Während bei seinen Bremer Schülern der sprachliche Austausch im Vordergrund steht, sollen die Briten vor allem den Berufsalltag kennenlernen. Denn wie in den meisten europäischen Ländern findet die Kochausbildung auf der Insel nur in der Schule statt. Und das macht sich noch ein wenig bemerkbar, sagt Dieter Mensen: „ Sie sind zwar fachlich gut ausgebildet, aber das Arbeitstempo ist doch anders als bei unseren Schülern, die ihre praktische Ausbildung im Betrieb machen.“ Das Kochen mit Netz und doppeltem Boden hat aber auch Vorteile, so Mensen. „Zum Beispiel vor dem Gast am Tisch einen Fisch zu filettieren, das machen deutsche Azubis in der Regel nicht, weil es eben sofort klappen muss. Die Briten können das.“

Drei Wochen dauert das Praktikum. „Es macht Spaß, und es ist eine gute Erfahrung,“ sagt Richard. Sein Traum für die Zukunft? „Ein Restaurant in London, nicht groß, höchstens 30 Tische, ein Feinschmecker-Restaurant.“ In fünf Monaten wird Richard seine Ausbildung in Huddersfield beenden. Dann gehört er zu einer neuen Generation englischer Köche, die zwischen Fish and Chips und klassischer französischer Küche längst ihren eigenen Weg gefunden hat, sagt Ausbildungsleiterin Jan Johnson: „Immer mehr Spitzenköche kochen traditionelle Gerichte auf die moderne Art. Das können ruhig Fish and Chips sein, aber dann sind es Feinschmecker – Fish and Chips, die man in den besten Restaurants servieren kann.“

Um das zu beweisen, haben sich die Gäste aus Huddersfield etwas Besonderes ausgedacht. Mit einem „Evening of Culinary Arts“ wollen sie die englische Traditionsküche in Bremen vorstellen. Bei Huddersfield Lamb Hot Pot, Smoked Salmon Salad, Strawberry Trifle oder Rhubarb & Apple Crumble, aus hiesigen Zutaten zubereitet auf die feine englische Art, werden die angehenden Köche und Köchinnen ihr ganzes Können zeigen. Ein zwingender Termin für Liebhaber englischer Sunday Dinners und die, die es werden wollen.

Kristin Hunfeld

„An Evening of Culinary Arts“ am 23.3.2001 um 18.30 im Restaurant Brasserie des Maritim Hotels an der Hollerallee 99. Buffet incl. Begrüßungscocktail 30 Mark. Anmeldungen bis zum 16. März am SZ Rübekamp, Tel.: 0421-361-14700