Klavierspielen, so wie Marlon Brando geht

■ Die Pianistin Rachel Z spielt mit ihrem Trio im „women in (e)motion“-Festival Kompositionen von Wayne Shorter

taz: War es eine bewusste Entscheidung von Ihnen, in Ihrem Trio nur mit Frauen zu spielen?

Rachel Z: Es war eher Zufall. Wir sind schon länger Freundinnen und hatten schon zusammengearbeitet. Als ich eine Band zusammenstellen wollte, mit der ich auf Tournee gehen konnte, waren die beiden für mich die beste Wahl.

Carla Bley wird immer sehr zornig, wenn man sie auf ihre Rolle als Frau im Jazz anspricht.

Ja, aber das ist die ältere Generation. Es ist komisch, aber Carla Bley oder Joanne Brakeen sprechen nicht gerne über Frauen im Jazz, weil es zu ihren Zeiten so gut wie keine gab und sie ihr eigenes Ding durchziehen wollten. Aber heutzutage gibt es so viele brillante Jazzmusikerinnen, dass es mir keine Schwierigkeiten bereitet, zu sagen, dass ich stolz bin, als Frau Jazz zu machen. Ohne Frauen wie Carla und Joanne hätten wir jetzt nicht diesen Status, aber leicht ist es immer noch nicht. Eine Frau muss dreimal so gut sein wie ein Mann, um die gleiche Anerkennung zu bekommen.

Vor diesem Projekt mit fast puristisch reinem akustischem Jazz haben Sie sich im „Smooth Jazz“ versucht, und das erwies sich als kein sehr kluger Karrierezug. Warum klappte das nicht?

Ich wollte möglichst schnell ein Star werden. Leute wie Kenny G. machen gerne diese Musik, aber wir mussten uns sehr bemühen. Wir nahmen immer mehr Teile aus unseren Songs heraus, um sie noch einfacher zu machen, bis dann kaum etwas übrig blieb. Das machte überhaupt keinen Spaß, und Geld habe ich damit auch nicht verdient. So habe ich viel Lehrgeld zahlen müssen um zu begreifen, dass man besser seinem Herzen folgt und die Hochs und Tiefs der Karriere überstehen muss.

Sind Sie nicht ins andere Extrem gegangen mit diesem Projekt, bei dem Sie nur Songs von Wayne Shorter auf dem Klavier interpretieren? Shorter selber liebt doch die elektronischen Keyboards, und Sie sind Keyboardspielerin.

In den USA gibt es viele Jazzfans, die große Vorurteile gegen Keyboards haben. Sobald man einen Synthesiser spielt, ist es „Fusion“ und out. Und ich wollte, dass die Leute nicht gleich weghören, sondern merken, dass diese wunderschöne Musik tiefer geht und ihre Wurzeln im ernsthaften, moderen Jazz hat.

Kann man sagen, dass Sie hier versuchen, so etwas wie das „Songbook“ von Wayne Shorter zusammenzustellen?

Ja, genau. Viele haben das schon mit den Kompositionen von Rogers & Hammerstein, Gershwin, Cole Porter usw. gemacht, und ich wollte Waynes Songs präsentieren, weil ich ihn als Komponisten auf dem gleichen Niveau sehe. Für mich ist es so einfach, mit seinen Songs gut zu klingen. Man spielt nur die Melodie und es klingt schon toll. Ich habe ja zwei Jahre in seiner Band mitgespielt, und da hab ich viel von ihm gelernt. Dabei waren seine Anweisungen oft sehr kryptisch. Einmal sagte er mir etwa, ich solle so spielen, wie Marlon Brando in „On the Waterfront“ geht. Und ich musste mir dann den Film ansehen, um mir auch nur halbwegs einen Reim darauf machen zu könne.

Wo wir gerade beim Kino sind. Ich haben gelesen, dass Sie Ihren Künstlernamen von Mike Mainieri haben, in dessen „Steps Ahaed“ Sie spielten. Mich hat das an Hollywoodproduzenten erinnert, die etwa zu Doris von Kappelhoff sagten, sie solle sich doch lieber Doris Day nennen.

Zu der Zeit wollte ich nur ein Star werden, und so sagte ich okay. Aber mein Name Rachel Nicolazzo bleibt ja auch nicht unbedingt gleich im Gedächtnis haften, und Mike Mainierie sagte damals, bei jedem Interview müsse er erst zehn Minuten lang seinen eigenen Namen buchstabieren.

Sie haben ein Angebot abgelehnt, mit „Savage Garden“ auf Tournee zu gehen, und haben lieber an diesem eigenen Projekt gearbeitet.

Ich mag seine Musik sehr, aber das Mangagement ist bei solchen Bands ein großes Problem. Die Musiker in der Tourband werden nicht gut bezahlt. Ich verdiene mit meiner eigenen Band etwa das gleiche, und vergleichen Sie mal die riesigen Zuschauerzahlen solch einer Band mit unseren. Und außerdem hat mich gestört, dass sie bei der Auswahl nur nach dem Aussehen gegangen sind. Die Keyboards kamen eh vom Band, die haben mich nicht einmal nach einer Hörprobe meiner Musik gefragt. Es kam nur darauf an, wie ich auf der Bühne wirken würde.

Aber Sie selber spielen auch in der Rockband „Peacebox“. Schlagen da zwei Herzen in Ihrer Brust?

Ich habe eine ganze Zeit lang eine Musik-Therapie gemacht, weil ich mich unsicher und nicht glücklich fühlte. Der Therapeutin fiel auf, dass ich auf dem Piano sehr maskulin, hart, schnell und ohne viel Emotionen spielte. Durch ihre Anregung fing ich dann an, Songs zu schreiben und zu singen, und ich merkte, dass ich beides machen musste, um mich vollständig kreativ auszudrücken. Nun ist mein Pianospiel viel wärmer und besser, mit der Rockband geht es voran, und die Therapie habe ich auch erfolgreich abgeschlossen.

Dann sehen wir Sie ja vielleicht beim nächsten „women in (e)motion“-Festival rocken.

Das wäre schön, die Bassistin Miriam Sullivan aus meinem Trio spielt ja auch mit. Wir arbeiten mit viel Keyboards, „heavy guitars“ und „heavy drums“. Und ich glaube, in Europa könnte das gut ankommen. Fragen: Wilfried Hippen

Das „Rachel Z Trio“ tritt heute Abend im Rathaus Stuhr und am Sonntag, 20h, im Moments auf