Überfliegerin mit Bodenhaftung

■ Die Jazzpianistin Anke Helfrich gastiert am Sonnabend mit ihrem Trio im Birdland

Über ihre Katze fand Anke Helfrich zu ihrer Musik. Ein Nachbar, bei dem das Tier ab und an verkehrte, war Jazzfan und verhalf der jungen Pianistin zu jenen Aha-Erlebnissen, die ein Leben verändern können. Seitdem verfolgt Anke Helfrich mit bewundernswerter Konsequenz ihre Karriere. Die im letzten Jahr veröffentlichte Debütplatte You'll See gibt Anlass zur Hoffnung, dass da ein ganz großes Talent in der deutschen Jazzlandschaft seinen Weg machen wird.

taz hamburg: Ihre Kurzbiographie liest sich auf den ersten Blick wie eine einzige Erfolgsgeschichte: Siegerin bei der „European Jazz Competition“ 1996, beim „Hennessy Jazz Search“ 1998, und nun die erste Platte unter eigenem Namen...

Anke Helfrich: Na ja, ich hab natürlich nur die Glanzpunkte erwähnt! (lacht) Die Selbstzweifel schreibt man da natürlich nicht rein.

Kommt denn der Erfolg für Sie so überraschend, oder sind die Teilnahmen an den Wettbewerben von langer Hand geplant gewesen?

Nein, zumindest die Bewerbung für den '96er Wettbewerb in Leverkusen war eher eine spontane Angelegenheit, die sich während meines New York-Aufenthaltes ergeben hat. Johannes Weidenmüller, mein Bassist, und ich dachten uns, nutzen wir die letzte Chance der Teilnahme, weil wir beide kurz vor der im Wettbewerb vorgeschriebenen Altersgrenze standen. Wir nahmen ein Demoband mit einem Schlagzeuger auf, alles first takes aus Zeitgründen, und das haben wir eingereicht. Dass wir dann nominert wurden und schließlich sogar gewonnen haben, daran hätten wir nie im Traum gedacht. Der Erfolg in Leverkusen führte dazu, dass wir verschiedene Gigs in ganz Europa hatten. Dadurch kam ich zu ganz neuen Erfahrungen, weil ich vorher noch nie in einer Triobesetzung gespielt hatte. Und dass die CD nun so gut ankommt, freut mich natürlich außerordentlich, schon allein aus dem Grund, weil ich krankheitsbedingt ein halbes Jahr gar nicht spielen konnte.

War während Ihres Studiums von Anfang an der Wunsch da, Profi-Musikerin zu werden? Oder dachten Sie auch daran, zu unterrichten, wie Sie es jetzt auf der Hochschule in Mannheim tun?

Ich habe immer gedacht, wenn du unterrichtest, dann kannst du von der Musik allein nicht leben, dann ist das ein Zugeständnis. Aber aus einem Aushilfsjob wurde etwas Ernstes, das mir sehr viel Spaß macht. An die Hochschule kommen die Studenten freiwillig – ein großer Unterschied zu einer Musikschule, wo vielleicht die Eltern den Schülern ein bisschen Druck machen. Und man lernt, eine Struktur für sich selbst zu erarbeiten. Ein angenehmer Nebeneffekt des Lehrauftrags ist, dass man nicht alle Jobs annehmen muss. Man ist nicht auf kommerzielle Musik angewiesen.

Welcher Schule fühlen Sie sich als Pianistin verpflichtet?

Zum Jazz kam ich über die Platten eines Nachbarn, der sehr viele Thelonius Monk-Scheiben hatte. Dann machte ein Bandleader mich mit Les McCanns Montreux-Platte vertraut, was eine Art Schlüsselerlebnis war. Später kamen dann Horace Silver und Tommy Flanagan hinzu.

Komponieren Sie nach einer bestimmten Methode?

Nein, es kommt immer auf die Notwendigkeit an. Für die Platte etwa brauchte ich noch ein schnelleres Stück und habe ganz konsequent darauf hingearbeitet. Bei „Upper Westside“ hingegen ließ ich mich von meiner New Yorker Umgebung inspirieren. Die endgültige Form gewann der Song aber erst viel später, nachdem ich wieder in Deutschland war. Manchmal gibt man sich eben Sachen vor, die man in einem bestimmten Stück erfüllen will, manchmal hat man auch einfach nur eine Melodie und sucht die Ackorde dazu oder umgekehrt.

Haben Sie ein Klangideal, das Ihnen schon immer vorschwebte?

Es ist schon so, dass man die Hörerlebnisse, die sich früh als prägend erwiesen haben, eigentlich später dann auch für das eigene Spiel übernimmt. Ich habe immer die Musik geschätzt, die sehr groovy ist, schwarze Musik. So habe ich anfangs nie Bill Evans oder Keith Jarrett gehört, weil deren Musik mir zunächst nichts sagte. Höchste Priorität hat für mich die Musik, die mich sofort berührt, die muss rhythmisch interessant sein. Aber ich möchte natürlich nicht den Stil eines anderen kopieren.

Interview: Tom Fuchs

Sonnabend, 21 Uhr, Birdland