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: 1860-Präsident Wildmoser will nicht ins alte Stadion

„Es geht halt ned“

Plötzlich war es vorbei mit der bierseligen Gemütlichkeit im „Löwenstüberl“ am Vereinsgelände des TSV 1860 München. Löwen-Präsident Karl-Heinz Wildmoser (61) knallte die Schlüssel auf den Tisch und hätte am liebsten mal wieder die Brocken hingeworfen. In Rage gebracht hatten ihn tausende Plakate mit der Aufschrift „Es geht doch! 1860 bald wieder im Sechziger-Stadion“.

Seitdem Wildmoser 1995 mit dem Verein ins Olympiastadion umgezogen ist, setzte es regelmäßig Proteste gegen diese Spielstätte. Wenn überhaupt, dann argumentierte der Großgastronom aus Hinterbrühl ökonomisch: Bundesligafußball sei ausschließlich im Olympiastadion zu finanzieren, nur dort gebe es eine angemessene Infrastruktur für Presse, Sponsoren und die Spieler. Die Umzugsgegner fürchteten dagegen um die Identität ihres Klubs. Bayern-Mitglied Wildmoser hatte wiederholt gesagt, dass er den Giesinger Traditionsverein „zu einem zweiten FC Bayern“ machen wolle.

„Im Olympia stirbt der TSV“, skandierten die Fans, die einen Klub lieben, dessen Image sich aus einer sportlich ruhmreichen Vergangenheit speist, aus zehn Jahren Oberliga-Leiden und aus einem märchenhaften Aufstieg zurück in die höchste Spielklasse. Ein Aufstieg an dem die Fans erheblichen Anteil beanspruchen, hatten sie ihren „Löwen“ doch in der Bayernliga die Treue gehalten. Auch in Zeiten tiefster Depression füllten 32.000 in Spielen gegen Fürth oder Schweinfurt die Ränge des Sechziger-Stadions.

Seit dem Umzug wandten sich viele Anhänger ab, andere folgten ihrem Präsidenten murrend in den Olympiapark – besonders dann, wenn der Gegner im „Heimspiel“, so wie heute Abend, der FC Bayern ist.

Seit einem halben Jahr allerdings kursieren Pläne, die dem Klub eine Rückkehr nach Giesing eröffnen. In ein modernes Stadion für 33.500 Zuschauer – davon 9.000 Stehplätze. Projektleiter Manfred Schwabl (34), bis 1997 noch als Spieler beim TSV 1860 und dann im Streit geschieden, präsentierte vergangene Woche gemeinsam mit dem Hamburger Architekturbüro Weisener auf einer Podiumsdiskussion in München ein Konzept für ein neues Sechziger-Stadion. Die Anhängerschaft reagierte entsprechend: „Football’s coming home“.

Wildmoser selbst ließ sich bei der Veranstaltung nicht blicken. Er schickte lieber seinen Sohn, Fußballabteilungsleiter Karl-Heinz junior, und Geschäftsführer Detlef Romeiko, um den Fans sein Mantra zu verkünden: „Es geht halt ned!“ Inzwischen reagiert Wildmoser panisch auf die Kritik der Fans. Der Präsident lässt das Internet-Gästebuch des TSV 1860 zensieren und angebliche Morddrohungen gegen seine Person schob die Klubführung kurzerhand den Stadion-Aktivisten in die Schuhe. Diese reichten Klage gegen solche Unterstellungen ein.

Der Löwen-Chef möchte Franz Beckenbauer in ein reines Fußballstadion folgen, das der Präsident des FC Bayern bis zur WM 2006 gebaut sehen will. Als „Untermieter im Kaiserpalast“, wie die Fans höhnen. Als gleichberechtigter Partner, wie Wildmoser beteuert. Wann, wo und ob diese Arena entsteht, ist hingegen fraglich.

Die Löwen in Giesing – auch daran zeigt das offizielle München wenig Interesse. Florian Marten vom Architekturbüro Weisener: „Die Stadt wird aktiv, wenn der TSV 1860 die Prüfung unserer Pläne verlangt.“ Der Verein indes lässt die Projektgruppe „Löwenarena“ ins Leere laufen. „Wir wissen, dass von der Stadt kein eigenes Stadion gewünscht wird“, behauptet Detlef Romeiko.

Schwabl fürchtet inzwischen um seinen Ruf: „Der Verein unterstellt mir, dass ich Präsident werden will und die Anhänger gegen Wildmoser aufgebracht habe. Das stimmt einfach nicht. Im Gegenteil. Ich bin wiederholt von Fans auf das Thema angesprochen worden.“ Der rührige Exkapitän hat sogar einen Investor gefunden, der die veranschlagten 150 Millionen Mark Baukosten mit finanzieren würde: die Münchner DCM AG.

Dass Wildmoser Schwabls Projekt nicht unterstützt, kann die Opposition bei 1860 nicht nachvollziehen. Stephan März, Webmaster von Loewenfans.de, dem Online-Forum der Opposition: „Die meisten Bundesligaklubs verzeichnen einen Zuschauerrückgang, gegen Bochum kamen nur 4.500. Aber Wildmosers visionäre Qualitäten erschöpfen sich in der Lizenzsicherung. Als Präsident ist er am Ende.“

Oder auch nicht. Der Vereins-chef hat angekündigt, im Herbst für eine weitere Amtszeit zu kandidieren. Dass er gewählt wird, dürfte feststehen, einzelne Dissidenten wie Ex-geschäftsführer Sven Jäger wurden in den vergangenen Jahren aus dem Weg geräumt.

Ob die Fans dagegen Wildmoser noch länger ertragen wollen, ist offen. Stephan März: „Er steht vor der Wahl, sich mit der Rückkehr nach Giesing ein Denkmal zu setzen oder aus den Löwen endgültig graue Mäuse zu machen.“

THOMAS MRAZEK