Mit Hüftschwung und Motor

Die Zukunft des Fahrrads zu Beginn des neuen Jahrtausends ist ungewiss:Stadtfahrzeug mit Elektromotor oder eher kurioses Sportgerät? Tuning & Styling, Folge 1

„Das 21. Jahrhundert verlangt die Neudefinition der Mobilität“, weiß die Schweizer Firma BKTech AG – ein junges Unternehmen, das sich gehörig Gedanken über die Zukunft des Fahrrads macht. Und für die Eidgenossen heißt die Zukunft ganz klar: Velos mit unterstützendem Elektromotor, E-Bikes oder auch Pedelecs genannt. In diesem Frühjahr liefern sie das Modell „F2“ aus ihrer „Flyer“-Kollektion erstmals in Deutschland aus. Für Hannes Neupert, Vorsitzender des Vereins „extra energy“ und Papst der E-Bike-Szene, ein Grund zum Jubeln: „Die Flyer gehören technologisch zum Besten, was die Branche derzeit hervorbringt.“

Dabei ist das, was die BKTech AG vorweisen kann, im Prinzip nichts Neues: Motorgestütztes Fahrrad bleibt Fahrrad, weil der kleine Helfer nur dann assistiert, wenn der Mensch in die Pedale tritt. Und bei Tempo 24 schaltet sich der Motor ab. Auch der Energielieferant ist bekannt: ein Akku mit begrenzter Reichweite von 35 Kilometern. Danach ist er leer und will die Dröhnung aus der Dose. Der Hersteller verspricht allerdings: Bereits nach drei Stunden am Stromnetz ist der Akku wieder voll.

Was am „Flyer“ unbedingt zu loben ist: Designmäßig hat er was von einem Überflieger, ist bar aller Wuchtigkeit. Der Alu-Rahmen zeigt angenehme Rundungen und (Strangpress-)Profil, ist in drei Größen zu haben und erlaubt die aufrechte Sitzhaltung. Für Vollfederung ist gesorgt, auch für zupackende V-Brakes und eine Siebengang-Nabenschaltung. Die Akku-Box ist mit einem Handgriff demontiert – dann hat man zwar keinen eingebauten Rückenwind mehr, aber dafür ein sehr viel leichteres City-Bike. Nach unbestätigten Händleraussagen wird das „F2“ für mehr als 4.000 Mark über den Ladentisch gehen.

Ein „neues interessantes Mobilitätskonzept“ will auch die Firma Snike Sport GmbH verwirklicht haben. Indem sie an ihren gleichnamigen Modellen den Lenker zu einer Abstützstange für die Hände degradiert hat. Lenken lässt sich damit nicht – stattdessen muss man zur Steuerung den ganzen Körper einsetzen. Ein bewegliches Scharnier in der Mitte des ungewöhnlichen Rahmengestänges fordert den eleganten Hüftschwung und macht so das Lenken möglich. Allerdings müsse die „Fahr- und Balancetechnik intensiv trainiert werden“, teilt der Hersteller mit.

Kein Fahrrad für den sofortigen Gebrauch, Gott bewahre! Es ist vor allem gedacht als Sport- und Fitnessgerät. Insofern hat keines der drei Modelle eine StVZO-Ausstattung, obwohl sie mit hochwertigen Komponenten wie Shimano-Deore-Schaltung und Öldruckbremsen aufwarten. Der Rahmen ist bei allen Modellen gleich, verstellt wird per Schnellspanner nur der Sattel und der Lenker. Die Preise liegen zwischen 1.580 Mark (ohne Schaltung) und 2.890 Mark (Shimano Deore).

Klar, diese beiden Fahrräder sind nicht typisch für die neuen Kollektionen des Jahres 2001. Die allermeisten Modelle haben nach wie vor keinen Elektromotor und dafür einen Lenker, mit dem sich auch lenken lässt. Doch sie zeigen vortrefflich den Willen der Hersteller zur Veränderung. Mit Überraschungen ähnlichen Kalibers muss in Zukunft verstärkt gerechnet werden. heda