Reformeifer ist in Laos ein Fremdwort

Die regierenden Kommunisten scheinen sich im Land am Mekong für die Ewigkeit eingerichtet zu haben

PEKING taz ■ Seit 25 Jahren hält die „Laotische Revolutionäre Volkspartei“ ihre fünf Millionen Untertanen fest im Griff. Wenn es nach dem Willen der alten Männer geht, die an der Spitze des verschlafenen südostasiatischen Landes stehen, bleibt das auch in Zukunft so. Das jedenfalls war die Botschaft des 77-jährigen Präsidenten und Parteichefs Khamtay Siphandone während des Parteikongresses in dieser Woche: Politische Reformen wird es nicht geben, ein Ende der Ein-Parteien-Herrschaft ist nicht in Sicht, Opposition hat keine Chance.

So verknöchert und nach außen abgeschottet sind die politischen Rituale des Landes, dass die drögen Rechenschaftsberichte beim chinesischen Volkskongress, der zur gleichen Zeit beim großen kommunistischen Nachbarn stattfand, geradezu aufregend erschienen.

Einzige Veränderung in Laos: Das bislang achtköpfige Politbüro – Zentrum der Macht – erweiterte sich um drei neue Mitglieder, und im ZK sitzen nun 53 statt 49 Politiker, darunter drei Frauen. Alle führenden Funktionäre behielten aber ihre Posten. Selbst Premier Sisavat Keobounphanh, dessen Stellung nach mehreren mysteriösen Bombenanschlägen gefährdet schien, durfte seinen 7. Rang in der Hierarchie des Politbüros behalten.

Laos gehört mit einem durchschnittlichen Pro-Kopf-Jahreseinkommen von 300 Dollar zu den ärmsten Staaten der Welt. 80 Prozent aller öffentlichen Investitionen stammen aus internationalen Hilfsgeldern. Noch heute lastet die Erbschaft der geheimen US-Bombardements während des Vietnamkriegs schwer: Damals fielen über zwei Millionen Tonnen Sprengkörper auf das Land oder wie die Zeitschrift Asiaweek kürzlich schrieb: „Durchschnittlich starteten die USA neun Jahre lang nonstop alle acht Minuten einen Bombenflug auf Laos.“

Die Folgen waren nicht nur schweres Leid und Kriegstrauma der Überlebenden und eine zerstörte Wirtschaft. Folge war auch eine Regierung, die ihre absolute Macht bis heute damit begründet, dass sie in der Vergangenheit heroisch Widerstand geleistet habe. Offiziell liegt die Schuld für die nie aufgeklärte Serie von Sprengstoffanschlägen, die Laos seit Ende der 90er-Jahre erschüttert, entweder bei aufständischen Bergvölkern, rivalisierenden Geschäftsleuten oder ausländischen Provokateuren.

Es ist aber nicht unwahrscheinlich, dass die Explosionen auch mit einem Machtkampf innerhalb der Partei zu tun haben. Unter bizarren Umständen flüchtete letztes Jahr ein früherer Minister ins Exil. Offenbar wächst intern auch der Unmut über die verbreitete Korruption und schlechte Wirtschaftsaussichten. Selbst Parteichef Kamthay musste letzte Woche zugeben, dass die Wirtschaft „im Grunde aus internen Gründen“ langsamer wuchs als geplant.

Obwohl die Regierung schon in den 80er-Jahren wieder Privatbetriebe zuließ und ausländische Investoren holte, ist seitdem wenig geschehen. Frustriert von Bürokratie und Schmiergeldforderungen verließen viele Ausländer das Land wieder. Nach dem Parteitag gibt es wenig Hoffnung, dass sich die Situation bald ändert. JUTTA LIETSCH