Eine wackelige Zukunft

Dem digitalen Radiosystem DAB bleibt eine letzte Chance: Ein Image-Schub auf der Funkausstellung

Wie das Kaninchen auf die Schlange starren die Befürworter des Digital Radios (DAB) auf die kommende Funkausstellung: „Wenn DAB nach der IFA nicht abhebt, dann müssen wir es wohl einstellen“, so Reiner Müller von der Bayrischen Landesanstalt für neue Medien (BLM). Auch Hans-Dieter Hillmoth, im Privatfunkverband VPRT für Hörfunk zuständiges Vorstandsmitglied, meint: „Ich glaube, wir haben nur noch einen Schuss frei.“ DAB ist schon da, nur weiß es keiner. Umfragen zeigen, dass die potenziellen Kunden bei DAB allenfalls an Bier oder eine Billigbank denken. Verkäufer in den Elektroläden berichten, dass sie kaum mehr als zwei- bis dreimal im Monat von Kunden auf die Geräte angesprochen werden.

Im vergangenen Jahr sind nach Angaben des Zentralverbands der elektrotechnischen Industrie (ZVEI) bundesweit ganze 10.000 DAB-Geräte verkauft worden. Nach seinerzeit schon „pessimistischen“ Rechnungen hatte 1997 das Baseler Prognos-Institut für Ende des Jahres 2000 eine Verbreitung von knapp 500.000 Digitalradios vorausgeschätzt. Mit dieser Zahl war die beschlossene Abschaltung des analogen UKW-Radio gegen 2015 gerechtfertigt worden. Hans-Dieter Hillmoth: „Wir fordern ganz klar: Im Jahr 2007 wird UKW abgeschaltet. Das ist ein Zeitpunkt, den auch die Hörer brauchen, damit sie wissen: Lohnt es sich noch, ein UKW-Gerät zu kaufen oder kaufe ich mir einen DAB-Empfänger?“ Ganz so schnell wird es nicht gehen, das machte Wolfgang Becker vom Bundeswirtschaftsministerium deutlich: Frühestens im Jahr 2005 könne auf einer internationalen Wellenkonferenz überhaupt erst festgelegt werden, wie in der digitalen Zukunft die Frequenzen für Hörfunk und Fernsehen neu genutzt werden. Vorher gibt es gar nicht genug Platz im Äther, um mehr als vierzehn Radioprogramme digital zu verbreiten.

Alternativen wie etwa die digitalisierte Mittelwelle scheiden auch aus. Zwar ist die Technik bald vorhanden und die Empfänger sollen wesentlich preisgünstiger als DAB-Geräte sein, aber die Tonqualität reicht gerade mal an die von Mono-UKW heran. Was aber, wenn DAB wirklich eingestellt werden muss? Hören wir dann digitales Radio über das zukünftige Multimedia-Mobilfunknetz UMTS? Nein, so die einhellige Meinung in Frankfurt. Dafür ist nicht genug Frequenzspektrum im Mobilnetz da.

Es bliebe wohl vorerst beim herkömmlichen UKW-Hörfunk, bis eine andere Alternative in Sicht kommt. Vielleicht liegt die in der Radioübertragung über das digitale Fernsehnetz DVB: Schließlich soll ab 2010 das digitale Fernsehen das analoge ablösen. Bis dahin muss jeder eine Decoderbox im Haus haben. Und den digitalen Daten ist es egal, ob sie Fernsehbilder oder Hörfunktöne übertragen.

JÜRGEN BISCHOFF