WAHLSCHLAPPE IN HESSEN: ROT-GRÜN HAT LOKALPOLITIK VERNACHLÄSSIGT
: Spenden? Welche Spenden?

Sind die Wählerinnnen und Wähler in Hessen verrückt geworden? Trotz schwarzer Kassen und Konten und all der großen und kleinen Lügen von Parteichef Roland „Pinocchio“ Koch legte die „Skandalpartei CDU“ (SPD) am Sonntag zu und wurde stärkste kommunale Kraft. Breit grinsend trat der Ministerpräsident im Fernsehen auf. Die nicht gerade klammheimliche Freude von Koch wurde auch dadurch nicht getrübt, dass Petra Roth die Oberbürgermeisterwahl in Frankfurt nicht auf Anhieb gewonnen hat. Sie muss in die Stichwahl gegen Achim Vandreike von der SPD. Der Dämpfer für Roth kam Koch gerade recht. Schließlich gehört Roth innerhalb der CDU dem liberalen, weltoffenen Spektrum an. Koch und sein Innenminister Volker Bouffier, die Synchronstimme von Lee Marvin, trimmen die hessische CDU dagegen schon seit Jahren auf die erzkonservative bayerische Linie.

Sind die Wählerinnen und Wähler in Hessen also tatsächlich verrückt geworden? Mitnichten. Die CDU profitierte vor allem vom Niedergang der rechtsradikalen Parteien Reps und NPD. Was für die ganz Rechten überall in Hessen verloren ging, sackte Koch ein – gerade weil er als Rechtsaußen gilt. Allein 4 Prozentpunkte etwa verloren die Reps, die 1997 noch hessenweit auf 6,6 Prozent gekommen und in 40 Stadt- und Gemeindeparlamente und auch Kreistage eingezogen waren. Ein Grund dafür war sicher auch, dass einige Wählerinnen und Wähler von Reps und NPD den Gang ins Wahllokal scheuten, weil ihnen das Kumulieren und Panaschieren zu kompliziert war. Und es kostete die Rechtsradikalen ebenfalls Stimmen, dass ihre Mandatsträger in den kommunalen Parlamenten politisch nichts bewegt haben: alles Nullen.

Doch siegte die CDU nicht nur, weil die Rechtsradikalen einbrachen. Kochs Partei legte auch zu, weil sich SPD und Bündnisgrüne aus nahe liegenden und nachvollziehbaren Gründen vielleicht doch zu sehr mit der Spendenaffäre der Union und zu wenig mit eigenen Politikentwürfen beschäftigt haben. Erst ganz spät im Wahlkampf ersetzten die Grünen die Plakate mit dem „Lügenbaron“ Koch auf der Kanonenkugel durch Aushänge mit kommunalen Themen. Und auch die SPD tauschte ihre Plakate mit den schwarzen CDU-Koffern verspätet aus. Endlosen Streit und Zank auf niedrigem Niveau goutieren die Wählerinnen und Wähler nicht. Die von SPD und Grünen offenbar noch weniger als die Anhänger der CDU. Auch das wusste „Kohlianer“ Koch schon vorher: Erfolg durch Aussitzen. Der Mann hat das Zeug – zum Kanzler(kandidaten). KLAUS-PETER KLINGELSCHMITT