Kloppen war gestern

Heimlich, still und leise, vor allem aber mit überraschend gutem Fußball hat sich Zweitligist Waldhof Mannheim unter seinem Trainer Uwe Rapolder in die Regionen der Aufstiegsplätze vorgespielt

von GÜNTER ROHRBACHER-LIST

Immer wenn beim SV Waldhof Mannheim die alten Geister der spielerisch furchtbaren 80er-Jahre auftauchen, geht es hinterher auf dem Spielfeld schief. Dieses Mal, vor dem 3:3 gegen Arminia Bielefeld, durfte der Altpopulist Klaus Schlappner, Macher der Kloppertruppe von 1983, vor die Fernsehmikrofone. Derweil stand hinter der Haupttribüne sein Libero von einst, Günter Sebert, Rede und Antwort. Damit wurden denn auch ausgerechnet jene hofiert, die den Club nach den hoffnungsvollen Intermezzi von Klaus Toppmöller und Uli Stielike von 1995 bis ins Frühjahr 1997 zurück in die fußballerische Steinzeit gebeamt und so den Abstieg in die Regionalliga programmiert hatten.

Dem im April vor vier Jahren verpflichteten Uwe Rapolder blieb damals eigentlich gar nichts anderes übrig, als einen völligen Neuaufbau nach eigenem Gusto zu vollziehen und seine Vorstellungen von modernem Fußball zu verwirklichen. Über 60 Spieler hat der Schwabe aus Heilbronn seitdem im Carl-Benz-Stadion vorspielen lassen, zwei Drittel von denen sind längst wieder in die Anonymität entschwunden. Dass der SV Waldhof nach dem doppelten Punktverlust gegen Bielefeld dennoch nur drei Punkte von einem Aufstiegsplatz entfernt bleibt, ist aus sportlicher Sicht das alleinige Verdienst des 43-Jährigen, der einst sein Studium der Ökonomie an der Hochschule von St. Gallen mit Diplom abschloss und sowohl mit dem dortigen FC als auch mit den Franko- Schweizern des FC Monthey aufsteigen konnte. In Mannheim steht der Motivator, der beim SV Waldhof die Viererkette erfolgreich eingeführt hat, nun schon im zweiten Jahr nach dem Wiederaufstieg an der Schwelle zur Glückseligkeit.

So sah der zuweilen etwas selbstverliebt wirkende Trainer auch diesmal nicht nur das Negative. „Beide Mannschaften haben hervorragend nach vorne gespielt, da waren viele positive Ansätze“, wollte Rapolder, dessen Vertrag unverständlicherweise noch immer nicht verlängert wurde, „nicht nur kritisieren“. Obwohl es durchaus einiges zu monieren gab, vor allem was die Leistung der Abwehr des SVW anging, die so viele Schnitzer produzierten, dass die Arminia die Gastgeschenke nur anzunehmen brauchte.

Drei Jahre hat sich Rapolder in der 2. Bundesliga genehmigt, dann muss es – auch nach dem Willen des Vermarkters „Kinowelt/Sportwelt“, der den Verein längst unter seinen Fittichen hat – ganz nach oben gehen. Das Potenzial dazu hätten die Quadratestädter schon jetzt, denn die jungen Eigengewächse wie Selim Teber, Hanno Balitsch und Christian Fickert sind richtig gute Fußballspieler. Jedenfalls war es äußerst sehenswert, wie die Waldhöfer in der zweiten Halbzeit innerhalb von 13 Minuten den 1:2-Rückstand in ein 3:2 umwandelten, schon weil die Aktionen, die den Toren vorausgingen, ein Faible für die Ästhetik im Fußball verrieten. Dann aber vergaßen Trainer wie Spieler, dass da noch ein Gegner auf dem Platz war, der gegen den Abstieg kämpft. Anstatt zwölf Minuten vor Schluss zur Maurertruppe zu werden, wollten die Mannheimer wie im Rausch die endgültige Entscheidung erzwingen – und kassierten stattdessen den Ausgleich.