Umstrittener Enthüller

Gericht muss im Streit zwischen Gauck-Behörde und ihrem Mitarbeiter Hubertus Knabe entscheiden

von SEBASTIAN FISCHER

Die Gauck-Behörde und ihr Mitarbeiter Hubertus Knabe streiten sich weiter: Heute wird das Berliner Arbeitsgericht entscheiden, ob Knabe sein neues Buch auf der Leipziger Buchmesse präsentieren darf – oder nicht. Knabes Werk trifft auf Widerstand der Behörde, da zuerst geprüft werden müsse, ob die Stasi-Akten vom Autor, der als Mitarbeiter der Behörde Zugriff auf alle Akten habe, nicht missbräuchlich verwendet worden seien.

Hintergrund des Streits: In seinem Buch „Der diskrete Charme der DDR – Stasi-Einfluss auf die West-Medien“ enthüllt Knabe die Verstrickung westdeutscher Journalisten in Mielkes Stasi-Apparat. Und dabei werden Namen genannt. Knabe beschreibt, wie die Stasi Kontakt aufnahm zu Westkorrespondenten in Ostberlin; wie westdeutsche Journalisten zu IMs wurden; wie Mielkes Ministerium Artikel in den Westmedien beeinflusste und wie die DDR gegen kritische Westmedien vorging.

Die Details sind noch nicht bekannt, da die Gauck-Behörde die Veröffentlichung des Buchs per einstweilige Verfügung gestoppt hat. „Am 26. Februar hat er uns sein Manuskript vorgelegt – allerdings ohne Fußnoten. Wir können also nicht überprüfen, was er aus den Akten genommen hat“, sagte Behördensprecher Christian Booß der taz. Weil kein prüffähiges Manuskript vorgelegen habe, sei man gegen das Buch vorgegangen.

Knabe wirft der Gauck-Behörde vor, sie überschreite ihre Kompetenzen: „Die Behörde, also der Staat, bestimmt, was die Gesellschaft erfahren darf und was nicht.“ Die „historische Wahrheitsfindung“ werde dadurch „massiv eingeengt“. Er habe grundsätzlich „auch gar nichts dagegen“, dass die Gauck-Behörde seine Manuskripte lese und dann möglicherweise Protest einlege. Allerdings „soll ich verpflichtet werden, dass die Behörde erst zustimmt, bevor ich frei veröffentlichen darf“, so Knabe gestern der taz.

Der Westdeutsche Knabe, seit 1992 bei der Gauck-Behörde, sagte, er habe „nicht das geringste Interesse an Auseinandersetzungen mit der Behörde, das ist für mich belastend und aufreibend“. Allerdings könne er die „Freiheit der Forschung nicht an den Nagel hängen“. Der Stasi-Forscher Jochen Staadt vom Forschungsverbund SED-Staat der FU Berlin sieht dagegen ein „strukturelles Problem der Gauck-Behörde, die Wissenschaft begrenzen muss nach dem Stasi-Unterlagen-Gesetz“. Besonders restriktiv werde dies immer dann ausgelegt, „wenn es um den Westen geht“. Knabe werde deswegen „besonders auf die Finger geschaut“.