Angebot nach Radler-Maß

Fahrradtouristik wird zunehmend professioneller. Auf der ADFC-Radreise-Messe werden die neuesten Trends vorgestellt  ■ Von Nikolai Wehrs

Keine Frage, Radreisen sind längst ein gutes Geschäft. Von den Balearen bis zur Karibik baut die Tourismusbranche hektisch Bettenkapazitäten ab. Nur ein einziger Zweig verzeichnet Jahr für Jahr Zuwächse: Fahrradtouristik scheint Zukunft zu haben.

Die Radfans profitieren durchaus von der zunehmenden Professionalisierung des ehemaligen Nischengeschäfts. Das wird sich auch morgen auf der diesjährigen ADFC-Radreise-Messe im CCH zeigen. Auf über 1000 Quadratmetern werden sich dort für einen Tag Reiseveranstalter, Ausrüster und Fahrradhändler präsentieren. 47 Reiseanbieter offerieren den Besuchern ein Sortiment, das zumindest in puncto Internationalität keine Wünsche offen lässt. Das Angebot reicht von Kanada bis Neuseeland.

Eine deutliche Qualitätssteigerung und zunehmende Kundenorientierung hat Dirk Pfaue, Vorsitzender des Hamburger ADFC, festgestellt. Einst hatte der Allgemeine Deutsche Fahrrad-Club, der nun schon zum sechsten Mal die Radreise-Messe auf die Beine stellt, mit eigenen Reisen eine Vorreiterrolle gespielt. „Inzwischen beschränken wir uns wieder auf unsere eigentlichen Aufgaben“, meint Pfaue. „Wir informieren und beraten.“ Vor allem mittelständische Reiseunternehmen haben spezielle Angebote für Biker in ihr Programm aufgenommen. Die Riesen der Branche halten sich noch zurück. Pfaue stört das nicht. „Natürlich freuen wir uns, wenn TUI eines Tages aufs Rad kommt. Aber wichtiger ist doch, dass die Reisen von Spezia-listen organisiert werden.“

Die Spezialisten setzen zur Zeit besonders auf Pauschalangebote, bei denen die Kunden mit einer Reihe von Extras verwöhnt werden sollen. Marktanalysen haben ergeben, dass der durchschnittliche Radreisende mittelalt, eher wohlhabend und besonders anspruchsvoll ist. Solch einer Klientel sollen bei Pauschalreisen die üblichen Plagen einer Fahrradtour erspart bleiben. Das Gepäck etwa transportiert in der Regel ein Auto zur nächsten Station.

Alten Fahrradhasen, die noch mit 30 Kilo Gepäck gegen das schottische Hochland ankämpften, um abends bei Dauerregen ihr Zelt hinter einem zerfallenen Schafstall aufzubauen, mag das unromantisch erscheinen. Aber die Anbieter haben ihre Erfahrungen mit der anspruchsvollen Kundschaft gemacht. „Das mit dem Zelt wurde oft genug ausprobiert“, sagt Pfaue. „Bei Gruppenreisen funktioniert das nicht.“ Pauschalreisenanbieter bringen ihre Kunden in guten Hotels unter – vollausgerüstete Werkstatt inklusive.

Noch dominieren allerdings klar die Individualreisenden den Markt. Auch für sie ist das Service-Angebot deutlich besser geworden. Ganz Europa ist inzwischen mit einem Netz von ausgeschilderten Fahrradrouten durchzogen. Als Vorbild und „Veloland“ schlechthin gilt bei Experten übrigens die Schweiz. Auch Südfrankreich gilt als „gut erschlossen“.

Bei den technischen Neuerungen auf der Messe bestätigen sich die Entwicklungen der vergangenen Jahre. Der Trend geht zu vollgefederten Rädern und zu Klickpedalen, die sich, wie Skibindungen, beim Sturz lösen. Bei der Bekleidung haben sich die atmungsaktiven Textilien aus dem Outdoor-Bereich durchgesetzt. Das findet zwar nicht jeder schön, aber, so Pfaue, „ambitionierte Fahrer werden nach ein paar Stunden im Sattel den Wert guter Funktionswäsche zu schätzen wissen.“

Die ADFC-Radreise-Messe findet morgen, Sonntag, von 11 bis 18 Uhr im CCH (S-Bhf. Dammtor) statt. Im Rahmenprogramm werden Dia-Shows von Reisen aus aller Welt präsentiert sowie Vorträge zu praktischen Problemen, etwa der Fahrradmitnahme in der Bahn. Der Eintritt kostet 5 Mark, für ADCF-Mitglieder 2 Mark. Kinder unter 16 Jahren sind frei.