Nachschlag erwartet

Trotz erster Erfolge scheint die Offensive der makedonischen Armee noch nicht beendet. Bei Albanern wächst die Kritik an der Strategie der UÇK

TETOVO taz ■ Die Militäroffensive der makedonischen Sicherheitskräfte gegen die albanischen Rebellen scheint noch nicht beendet zu sein. So räumte Armeesprecher Blagoja Markovski gestern ein, dass die Rebellen noch Stellungen im Sar-Gebirgszug hielten. Fraglich ist auch, ob die Regierungstruppen das Kerngebiet, wie die Dörfer Selce und Sipovica, kontrollieren. Psychologisch hat die Regierung dennoch einen Sieg davongetragen. Denn es ist ihr gelungen, das Vertrauen der slawischen Bevölkerung zurückzugewinnen und jenes der Albaner in die UÇK zu erschüttern. Noch vor wenigen Tagen glaubten viele Albaner, dass die UÇK imstande sei, die kontrollierten Gebiete zu halten.

Noch kurz vor dem Angriff am Sonntagabend hatten UÇK-Sprecher betont, sie verfügten über genügend Waffen und Kämpfer, um den Angriff zurückzuschlagen. Da das Gelände für die Verteidiger günstig war, müssen die Angaben der UÇK über ihre Kampfstärke bezweifelt werden. Schon vor Tagen hatten Nato-Quellen die Behauptung der UÇK, sie verfüge über rund 2.000 Kämpfer, in Frage gestellt.

Die Regierungstruppen haben bei ihrem Angriff viele Häuser zerstört. Offenbar wurde auch wahllos auf flüchtende Einwohner geschossen. So berichteten Bewohner des Dorfes Vejce, sie seien von Hubschraubern aus beschossen worden. Über 1.000 Menschen sind ins Kosovo geflohen, 600 Flüchtlinge wurden in dem Dorf Ljubinje untergebracht. Das Flüchtlingshilfswerk der Vereinten Nationen (UNHCR) teilte mit, 250 Flüchtlinge seien in Prizren eingetroffen.

In der albanischen Bevölkerung Tetovos wird die Strategie der UÇK keineswegs unkritisch betrachtet. In Makedonien gleiche sie jener im Kosovo in den Jahren 1998/99. Die albanische Zivilbevölkerung der von der UÇK für ihre Operationen auserwählten Gebiete verhalte sich solidarisch, werde dann aber von der UÇK fallen gelassen. „Die UÇK errichtet einen Staat, in dem Widerstand zwecklos ist“, erklärte ein junger Sympathisant. „Wer gehen will, kann zwar gehen, doch der moralische Druck zu bleiben ist sehr hoch.“ Die UÇK habe zwar Widerstand geleistet. „Wenn die Fronten näher rücken, sorgen die UÇK-Kämpfer auch dafür, dass die Zivilbevölkerung aus dem Gebiet flüchten kann.“ Einige der Flüchtlinge kritisierten aber, dass die Kämpfer ohne Vorwarnung verschwänden, sodass die Zivilbevölkerung der Repression der Gegenseite ausgeliefert sei. ERICH RATHFELDER