Die Senatorin beschönachtet

Gutachten attestiert Schulen gute Personalversorgung – vor sechs Monaten  ■ Von Sandra Wilsdorf

Will man sicher gehen, dass ein Gutachten herausfindet, was man sich wünscht, stelle man einfach die richtigen Fragen. Bei der Schulbehörde geht das so: Die Bürgerschaft will wissen, ob die Hamburger LehrerInnen sinnvoll auf die einzelnen Schulformen verteilt sind und wie das im Bundesvergleich aussieht. Weil das jemand Unabhängiges untersuchen soll, bekommt das „Deutsche Institut für Internationale Pädagogische Forschung“ den Auftrag. 120.000 Mark kostet die Expertise, im vergangenen August war sie fertig, gestern stellte die Behörde sie der Öffentlichkeit vor. Warum erst ges-tern? „Es hat noch Abstimmungsbedarf gegeben, wir mussten Daten nachliefern“, erklärt Landesschulrat Peter Daschner. Stimmt, sagt Hermann Avenarius, einer der beteiligten Wissenschaftler. Aber die seien im August längst gelaufen gewesen. „Ich habe das fertige Gutachten am 21. September an Herrn Daschner übersandt.“

So liegt die Idee nahe, die Behörde habe sich das Gutachten als Wahlkampf-Bonbon aufbewahrt. Es steht nämlich nur drin, was ihr gefällt: Dass Hamburg in der Versorgung seiner Schulen mit Personal bundesweit einen Spitzenplatz einnimmt. Das ist jedoch bekannt und nicht verwunderlich: Hamburg gibt nämlich am meisten Geld pro SchülerIn aus. Die Frage aber, ob sich diese hohen Kosten auch in besonderem Erfolg niederschlagen, etwa hohen Abschluss-, geringer Wiederholerquoten oder auch gelungener sozialer Integration, beantwortet das Gutachten nicht. Weil danach nicht gefragt war. Trotzdem, mit Wahlkampf soll das nichts zu tun haben: „Das Gutachten kam im September, dann haben wir es für die Deputation mit neuen Zahlen aktualisiert, es folgte die Behördenabstimmung, und weil dann Ferien waren, haben wir es jetzt vorgestellt“, erklärt Behördensprecherin Frauke Scheunemann.

Die Gutachter erteilen der Behörde allerdings auch einige Prüfaufträge: Die Ausstattung der Schulen sollte künftig noch stärker von deren Situation vor Ort abhängen, beispielsweise mehr Lehrerstunden in Gegenden, wo besonders viele ausländische Kinder leben. Außerdem empfehlen die Experten, Maßnahmen auszubauen, die sich um jene kümmern, die die Schule ohne Abschluss verlassen. Das sind insgesamt etwa 11 Prozent, allein bei den Hauptschulen allerdings 20 Prozent. „Das ist keine neue Erfahrung, aber eine bedrückende Zahl“, sagt Daschner. Mit der Produk-tionsschule und den zwei Projektschulen, in denen SchülerInnen zwei Tage pro Woche in einen Betrieb statt zur Schule gehen, sei man auf dem richtigen Weg.

Schulsenatorin Ute Pape legte außerdem gestern einen Bericht vor, der alle schon eingeführten und noch geplanten Maßnahmen vorstellt, die in den vergangenen zehn Jahren zu „mehr Eigenständigkeit für Hamburgs Schulen“ führten. Die Schulen dürfen beispielsweise jetzt LehrerInnen selber einstellen, was früher die Behörde gemacht hat.