Ansteckungsgefahr
: MKS, LPG, LSD, BGS – Die Seuche im Alltag

■ taz-Autor Thomas Schumacher lebt nahe der Grenze und leidet gerade

Im Telefonbuch 2000/2001 „Leer/Wilhelmshaven“ steht unter „Aurich“ der Verein der Ostfriesischen Schweinezüchter e.V. gleich vor dem Verein der Reservisten der Deutschen Bundeswehr e.V. Wenn das mal keine akute Seuchengefahr darstellt. Ich sage nur MKS (Maul- und Klauenseuche). Wobei die tele-kommunikative Nähe der Seuchen-Schweinezüchter nicht allein für die Deutsche Bundeswehr Ansteckungsgefahr signalisieren würde. Zum Beispiel haben die Niederländer gar keine Deutsche Bundeswehr. Leider haben sie trotzdem MKS.

Zum Glück gibt es in Holland aber auch LPG. Das ist flüssiges Propangas. LPG ist unter anderem ein Treibstoff für Autos. Für alle Autos? Für alle Autos! Es weiß nur niemand. Denn solange alle deutschen AutofahrerInnen auf ein billiges Umweltauto mit nur drei oder einem Liter Benzinverbrauch warten, können alle Ölfirmen und Autohersteller so tun, als gäben sie sich auf der Suche nach dem umweltfreundlichen Auto ganz viel Mühe. Bis dahin kassieren sie ab. Deswegen gibt es in Deutschland wenig LPG-Tankstellen. Das ist wirklich kein Grund, stolz zu sein. In den Niederlanden gibt es viele LPG-Tankstellen. Kein Niederländer ist darauf stolz. Das ist normal. Clever schon, aber normal.

Da, wo ich wohne, in Leer, Ostfriesland, sind alle stolz auf ihre Heimat. Die nächste deutsche LPG-Tankstelle aber liegt hinter Bremen, etwa 100 Kilometer weit weg. Die nächste Fremd -Tankstelle dagegen ist in Neuschanz/Holland, nur 14,8 Kilometer vor unserer Haustür.

Und jetzt MKS. Nun das Europa ohne Grenzen endet bei uns jetzt auf der deutschen Seite, kurz vor unserer holländischen LPG-Tankstelle. Sohnemann wollte rübermachen. Immerhin kostet an „unserer“ Tankstelle ein Liter LPG 83 cents, ein deutscher Liter bei Bremen aber 1,55 Mark. Mein Kind wird natürlich erwischt, vom Bundesgrenzschutz. Nicht wegen MKS oder LPG sondern wegen LSD. Unser Auto fährt gar nicht mit dem Zeug und Tiere leiden auch nicht darunter. Nach langen Verhandlungen lässt der BGS unseren Sohn laufen. Ohne LPG, ohne LSD und zum Glück ohne MKS. Wütend mussten wir nun Benzin in unser für Gas und sicherheitshalber auch für Benzin ausgelegtes Auto tanken. 10 Liter, 20 Liter, 30 Liter. Genau 63,75 Liter. Alle Liter zu 2,04 Mark. „Du, Kollega, du gucken. Benzin“, ruft eine nicht so richtig deutsche Frau. Was denn sonst, denken wir. Dann bestaunen die Riesenlache, die in allen Regenbogenfarben über die Tankstelle schwappt.

„Wer sein Auto für 500 Mark bei einem kauft, der Adolf heißt, der soll leiden“, zeckert unser alter kommunistischer Freund Christian. Das ist gemein. Na gut, Adolf hat vergessen, uns den Benzintank ins Auto zu bauen, deswegen die Ölpest an der Tankstelle. Aber Adolf hat uns später nicht nur den Benzintank eingebaut und erstmalig einen Rückspiegel an die Windschutzscheibe geklebt. Ganz stolz schaute er sich darin seine Glatze an und befand: „Na, heute trage ich meine Haare mal offen.“ Wir tanken jetzt also Benzin. Trotz BGS möchten wir uns und unserem Auto lieber LPG gönnen. Können wir aber nicht, wegen MKS. Welch ein böses Ke-ckern unseres KPD-Freundes!

Sagen wir es mal so, ich habe – trotz BSE – aus reiner Gier auch schon mal ein Salamibrot gegessen. Warum sollte ich nicht versuchen den BGS weiträumig zu umfahren um in Neuschanz LPG zu tanken? Lothar Matthäus würde sagen: „Ja gud, de Maul- und Klauenßeuje grikkt also nicht jädr, alßo damid mus man läbn.“ Klingt doch krass, oder? Thomas Schumacher