■ Urdrüs wahre Kolumne
: Ikonen mit Rabatt

In den guten alten Zeiten der politisierenden Getränksleute im grünen Lodenmantel vom Schlage eines Wilfried Hasselmann verfügte die niedersächsische CDU noch über Persönlichkeiten, die jede Dorfkneipe mit polternder Deftigkeit für sich einnahmen und die man jederzeit als Entertainer auf ganze Säle mit Schnapslern loslassen konnte. Inzwischen ist die Union in Sachen Hauruck-Humor ziemlich auf den Hund gekommen: Mit so einem ewigen Referendars-Schnösel wie dem Christian Wulff lässt sich nun mal selbst zwischen Osnabrück und Hannover kein Staat machen. Statt nunmehr zu versuchen, mit dem geschassten SPD-Genossen Funke ein ähnliches Fips-Asmussen-Format einzuwerben, wie Hasselmann dies einst darstellte, bedienen sich die Schwatten jetzt in der Konkursmasse des Frühstyxradios und heuern als Witzeerzählerin respektive Pressesprecherin die mindestens schon Schröder-Köpfchen-blonde Comedy-Tante Sabine Bulthaup an, die nach zahlreichen ffn-Livegastspielen in den feuchten Träumen der männlichen Landjugend zwischen Wölpinghausen und Seesen-Nord eine nicht unerhebliche Rolle spielt. Ein Schachzug, der zunächst verblüfft, beim eingeschworenen Christdemokraten in der Fläche aber wohl nur die Frage aufwerfen wird: „Hat der Wulff was mit der?“ Und prompt wird die Sache sehr, sehr unappetitlich ... Oder ist das Ganze am Ende eine subversive Undercover-Aktion zur Denunziation des christdemokratischen Apparats? Gespannt warten wir dann aber auf die 3-teilige CD-Box „Gülle, gülle, prost, prost!“

Ein aus mindestens einem Dutzend Bravo-Doppelseiten zusammengefitzelter Starschnitt von Freddy Quinn zierte einst die Wandschräge meines Kinderzimmers und geschadet hat es weiter nicht. Wer aber macht sich daran, die Glorious Four von Robin Wood auf ein Starschnitt-Poster zu bringen, die jetzt im Wendland trotz Arschkälte an der Castorstrecke festgekettet den Atomstaat als das bekannte Unwesen vorführten? Solche Ikonen des Widerstands – sie könnten der jungen Generation das werden, was Frank Zappa auffem Scheißhaus oder Che Guevara mit Zigarre für uns alte Säcke waren.

Festhalten wollen wir in diesem Zusammenhang auch für jetzt und alle Zeiten das Wort des Innenministers Heiner Bartling, wonach Eingriffe in den Bahnverkehr ein schweres Verbrechen darstellen: Wann landet die Stilllegungsfraktion der Deutschen Bahn endlich unter Nummer sicher?

Ach ja, Ikonen. Wer erkennt noch im matronenhaften Betroffenheitsgemaule einer Claudia Roth die freche Göre, die neben anderen jungen Dissidenten auf einer Kreuzberger Brandmauer hock-end, das Plattencover einer frühen David Volksmund-Produktion von „Ton, Steine, Scherben“ auffällig zierte? Nach ihrem verpatzten Wendland-Einsatz als Integrationsverantwortliche des grünen Zentralkomitees hat sie sich die ollen Lieder vermutlich abends auf der Natura-Strohmatratze angehört und dabei hoffentlich ein paar Tränchen verdrückt – denn wer seine fiese Lage erkennt, wie sollte der noch aufzuhalten sein auf dem Weg zu Umkehr und tätiger Reue?

Im Jahr des Ehrenamts kommt auch die Sportjugend nicht darum herum, im Bremer Sport Magazin um neue JugendgruppenleiterInnen zu werben und hat ganz im Geist der Zeit dafür auch das überzeugende Argument „Ausbildung lohnt sich“ auf seiner Seite, verstärkt durch die Verheißung: „Neu! Viele Vergünstigungen“. Wer da jetzt nur an Freikarten für Volleyballspiele oder Einladungen zum Jogging mit Willi Lemke und/oder Jens Eckhoff denkt, der liegt daneben: Offeriert werden den sportiven Jugendkadern Rabatte im „Büro- und Bastelparadies“ und im Jungen Theater. Und selbst wer mit der 50-prozentigen(!) Ermäßigung für JugendgruppenleiterInnen im Piercingstudio Pieks nicht viel anfangen kann oder will, der könnte immerhin noch ins Grübeln kommen angesichts der Aussicht, das neue Chillum oder die gewaltige Glas-Blubber samt Zuchtanleitungen für den Hanfanbau beim Headshop Udopea künftig um zehn Prozent reduziert zu bekommen. Spätestens, wenn es echten Libanesen (!) zum halben Großhandelspreis gibt, werde auch ich mich um diesen Status bemühen – und gewähre bis dahin schon mal allen Inhabern der JuLeiCa (Jugendgruppenleiterkarte) als vertrauensbildende Maßnahme einen Rabatt von drei Prozent auf alle meine Veranstaltungen.

Weh ums Herzilein wird es den Bremer Sozis heute, wenn sie sowohl der Rentenreform wie auch der Novellierung des Betriebsverfassungsgesetzes trotz gewerkschaftlicher Zustimmung im koalitionären Schulterschluss auf der Bundesratssitzung die Stimme verweigern müssen. Dabei wäre es doch so einfach, auf diese Weise das fatale Bündnis sausen zu lassen und mehr Chancen bei den nächsten Wahlen zu haben. Aber kluger Rat taugt eben denen nix, die ihre politische Entscheidungsmacht längst an die Roland Bergers und andere Regenmacher dieser Welt abgegeben haben. Klagt als Prophet in der Wüste nicht ohne enttäuschten Unterton

Ulrich „Amos“ Reineking