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: Tod per Post

Der Briefbomber

(20.45 Uhr, Arte)

Der Briefbombenattentäter Franz Fuchs hielt seit 1993 mit per Post versendeten Bomben ganz Österreich in Atem. Seine Bekennerbriefe enthielten stets krude nationalistische Floskeln. Vor allem sollten sie auf die falsche Fährte locken, dass rechte Kampftruppen an den Anschlägen beteiligt gewesen sein könnten. Fuchs’ Opfer waren Förderer einer liberalen Ausländerpolitik, unter anderem der damalige Wiener Oberbürgermeister Helmut Zilk. Bei dem blutigsten Attentat, am 5. Februar 1995, wurden vier Roma im burgenländischen Oberwart durch eine Sprengstofffalle getötet.

Torsten C. Fischers Dokudrama nach dem Buch von Holger Karsten Schmidt baut auf dieser realen Begebenheit auf, erzählt eine wunderbare Liebesgeschichte und setzt dezent auf stetige Spannungssteigerung. Sylvester Groth spielt den mutigen und eloquenten Polizeipsychologen, Bibiana Beglau gibt mit sprudelndem Talent die talentierte Partnerin: Fischers Film geht intelligent ans Herz.

Zunächst einmal, auch das ist dem Film hoch anzurechnen, räumt dieser mit dem im Fernsehen stetig hochgehaltenen Mythos des Profilers auf: Im Fernsehen gebe es doch ganz andere Mythen, etwa jenen der Seelenwanderung, klärt Frank Meyer ironisch grinsend die Kollegen bei der Wiener Polizei auf. Um im Anschluss trocken klarzustellen, dass schnöde Realität mit dem bunten Flimmerkasten herzlich wenig zu tun habe.

Doch es gibt noch weitere schauspielerische Glanzleistungen: Karl Fischer spielt den Bombenleger Franz Fuchs ebenso unspektakulär wie vielschichtig. Das Beste an dem Film ist jedoch seine Botschaft: Die Welt ist nicht so einfach, wie man sie sich gemeinhin gern vorstellen würde. Und Rechtsradikalismus wird nicht immer von straff organisierten Glatzen oder dumpf-stumpfen Funktionären betrieben. In diesem Fall übernahm ein hochintelligenter Einzelgänger Verhaltensmuster des dumpfen Nationalismus. Das macht der Film deutlich. Merke: Klare, geradlinige Feindbilder gehören der Vergangenheit an und werden allenfalls als politisches Kalkül eingesetzt. Hier lebt einer in einem Extrem, das in der Mitte der Gesellschaft längst angekommen ist.

GITTA DÜPERTHAL