Roter Neustart

ROM taz ■ „Kräftig rot“ – mit diesem Versprechen kehrt die Unità auf den italienischen Zeitungsmarkt zurück. Nur wenige hätten auch nur eine Lira auf diesen Neustart gewettet, als das von Antonio Gramsci 1924 gegründete Traditionsblatt vor acht Monaten sein Erscheinen einstellen musste. Die Leserzahlen im Keller, die Kassen leer, der Verlag – sein Mehrheitseigner war die aus der KPI hervorgegangene Partei der Demokratischen Linken – total überschuldet.

Doch jetzt ist l’Unità wieder da, als von einer Privatholding um den Buchverleger Alessandro Dalai herausgegebene Zeitung. Zwar führen nun Kapitalisten das Wort im ehemaligen Kampfblatt der Arbeiterbewegung, aber sie versprechen ein klares, linkes Journal. Gerade als Parteizeitung sei die Unità zu brav geworden, so die Analyse der neuen Chefs, die junge Leser hinzugewinnen wollen. Kräftig rot ist deshalb jetzt nicht nur die Optik des Blatts.

Rot soll auch der Inhalt werden. Dafür stehen in den Wahlkampfzeiten vor allem Breitseiten gegen das Berlusconi-Lager. So rechnet die Unità den Lesern vor, dass der Medienmagnat Unsummen für seine Wahlpropaganda aufwendet; kontrastierend wird von der bescheidenen Tür-zu-Tür-Kampagne der Linksdemokraten berichtet. Die bleiben nämlich auch ohne formale Eigentümerschaft der Leitstern des Blatts. Schließlich lassen sie der Unità weiterhin die nach italienischem Gesetz der Partei zustehenden Subventionen für eigene Presseprodukte zukommen. Zudem weiß die Redaktion, dass sie auf der Suche nach neuen Lesern die alten nicht vergessen darf. Die werden deshalb mit einem Nostalgie-Dossier über 77 Jahre Unità bedient.

Für die imaginären neuen Leser dagegen gibt’s viel Wirtschaft und Kultur: Gebildet, gut verdienend, links ist der angestrebte Kundenkreis. Bei einer Auflage von 50.000 rechnet sich das neue Blatt, und bis zum Wahltag am 13. Mai dürfte es keine Mühe bereiten, dieses Ziel zu erreichen. Die Gegnerschaft zur Berlusconi-Rechten macht es leicht, dem Blatt ein im Linksspektrum attraktives Profil zu verleihen. Doch vorerst bleibt offen, wie es nach den Wahlen weitergeht. Böse Zungen behaupten, viele in der Redaktion drückten heimlich der Rechten die Daumen – denn nichts könne das Überleben einer linken Zeitung besser garantieren als täglich schlechte Nachrichten über Berlusconi. MICHAEL BRAUN