UN-Blauhelme landen im Kongo

Erste UN-Soldaten in der Rebellenhauptstadt Goma eingetroffen. Aber der Friedensprozess ist wacklig

BERLIN taz ■ Die ersten UN-Blauhelmsoldaten sind gestern Vormittag in der Demokratischen Republik Kongo eingetroffen. 110 Uruguayer landeten am Flughafen der ostkongolesischen Stadt Goma, Hauptstadt der von Ruanda unterstützten Rebellenbewegung RCD (Kongolesische Sammlung für Demokratie). 90 von ihnen flogen weiter in die südöstliche Stadt Kalemie, die anderen werden in Goma die Ankunft eines weiteren uruguayischen Kontingents am 1. April vorbereiten. Bisher waren im Kongo lediglich einige hundert UN-Militärbeobachter stationiert.

„Eure Ankunft ist ein wichtiger Schritt nach vorn im Friedensprozess“, sagte General Mountaga Diallo, der senegalesische Kommandant der UN-Mission im Kongo, den Uruguayern. Die Blauhelm-Stationierung entspricht dem jüngsten UN-Friedensplan für den Kongo, den der Sicherheitsrat am 22. Februar verabschiedet hatte. 3.000 UN-Blauhelme und 500 UN-Militärbeobachter sollen die 2.400 Kilometer lange Frontlinie überwachen, die das Land vom Nordwesten bis in den Südosten durchzieht. Von dieser Frontlinie sollten sich die kämpfenden Truppen im Kongo – die Regierungsarmee, gestützt von Angola, Simbabwe und Namibia auf der einen Seite; die Rebellenbewegungen RCD und MLC (Kongolesische Befreiungsbewegung), gestützt von Ruanda und Uganda, auf der anderen – in den zwei Wochen ab dem 15. März um jeweils 15 Kilometer zurückziehen.

Die jetzt beginnende Ankunft von Blauhelmen soll zur Überprüfung dieser Truppenentflechtung dienen, die gestern abgeschlossen sein sollte. Nach UN-Angaben ist der Rückzug erfüllt, mit zwei Ausnahmen. Die von Uganda unterstützte MLC habe in Teilen der nordwestlichen Provinz Equateur Bedingungen gestellt, um ihren Rückzug abzuschließen. Und die Regierungstruppen hätten sich um Kananga im Zentrum des Landes „nicht bewegt“, kritisierte General Diallo am Mittwoch.

Nach RCD-Angaben von gestern soll es bei Kananga sogar einen neuen Vorstoß der Regierungstruppen gegeben haben. Ein weiterer Brennpunkt ist die südöstliche Stadt Pweto nahe der Grenze zu Sambia, die Ruandas Armee und die RCD im Dezember 2000 erobert hatten. Die ruandischen Truppen verließen Pweto Ende Februar wieder, aber die RCD behielt die Kontrolle über die Stadt. Am Sonntag drohte Kongos Außenminister She Okitundu mit einem Angriff auf Pweto, sollte die RCD sich nicht zurückziehen. „Der Rückzug betrifft nicht die zivile Administration, sondern allein das Militär“, weigerte sich RCD-Sprecher Lola Kisanga gestern gegenüber der taz und bestätigte: „Wir haben in Pweto Polizei stationiert, um die Bevölkerung zu schützen.“

Diese Streitpunkte zeigen, wie wacklig der Friedensprozess im Kongo noch ist, wo der seit 1998 tobende Krieg mit Beteiligung zahlreicher fremder Armeen Millionen von Menschen getötet oder vertrieben hat. Fraglich ist, ob die UNO in der Lage wäre, ein Wiederaufflammen der Kämpfe zu verhindern. Die ab 15. April vorgesehene Entsendung von Blauhelmen in das RCD-kontrollierte Kisangani werden die RCD-Rebellen laut Lola nur dann zulassen, wenn zuvor auch auf Regierungsseite die UN-Stationierung vollzogen ist.

Die Blauhelm-Stationierung ist ein symbolischer Akt. Vorerst sollen bis zum 21. Mai 1.562 UN-Soldaten an sechs Orten stationiert werden – drei auf Regierungsseite und drei im RCD-Gebiet. Sie sollen Ausrüstung, Versorgung und Fahrzeuge der UNO bewachen, nicht aber die Beobachter schützen, geschweige denn die kongolesische Bevölkerung.

Schon die Verhandlungen zwischen UNO und RCD zur Vorbereitung der Blauhelm-Stationierung im Osten des Kongo waren von Streit über die genauen Stationierungsplätze innerhalb der drei vorgesehenen Städte Goma, Kisangani und Kalemie begleitet. Während sich in den letzteren beiden die UNO inzwischen durchgesetzt hat, bleiben in Goma die Rebellen hart. „Die UNO will ihre Truppen mitten in einem Wohnviertel stationieren“, so RCD-Sprecher Lola. „Wir finden, das ist nicht der richtige Ort.“ DOMINIC JOHNSON